Gutes tun und darüber reden als Konzept

Foto von Ernes Erko Kalac
Ernes Erko Kalac

Darmstadt-Dieburg – Dass Ernes Erko Kalac 2007 zum Integrationsbotschafter des Deutschen Olympischen Sportbunds ernannt wurde, lag nahe. Er lebt und arbeitet für das Thema Integration durch Sport. Stets ist er bundesweit in dieser Mission unterwegs, hält Vorträge an Universitäten wie Kindergärten. Auf seiner Homepage finden sich Pressefotos, auf denen er mit Bundespräsident Horst Köhler und der ehemaligen Justizministerin Brigitte Zypries zu sehen ist, man sieht ihn mit Kanzlerin Angela Merkel und mit Ministerpräsident Roland Koch.

Ernes Kalac ist 1964 als ältestes von fünf Kindern in Montenegro geboren. Er ist mit Kirche und Moschee aufgewachsen, hat darüber Toleranz gelernt. Sein Vater ist Moslem und Universitätsprofessor, seine Mutter ist katholisch und hat Wirtschaft studiert. „Zuhause gab es jeden Tag nach dem Mittagessen eine akademische Stunde, in der wir unseren Eltern berichten mussten, was wir in der Schule gelernt haben“, erinnert sich Ernes Kalac. Er machte das Abitur, war als „wissenschaftlicher Helfer in Mathematik“ tätig und studierte dann Maschinenbau. Im Alter von zehn Jahren begann Ernes Erko Kalac mit dem Kampfsport und nur vier Jahre später war er jugoslawischer Meister. 1988 gründete er in seiner Heimatstadt Rozaje den Karateklub „IBAR“, in dem er auch als Trainer tätig war. 1998 flüchtete er vor dem Bürgerkrieg in seinem Land. „Ich habe mich als Leistungssportler geweigert, militärische Pflichten zu übernehmen und mich moralisch gegen den Krieg geäußert. Dafür wurde ich inhaftiert“, erzählt Ernes Kalac. Sein Weg führte ihn über die Türkei und Österreich nach Deutschland, so landete er als Flüchtling zunächst in Offenbach.

Er schlug sich mit Gelegenheitsjobs durch, jobbte in Putzkolonnen und war Privatdetektiv in einem Kaufhaus in Darmstadt. Den Karatesport hat er immer weiter betrieben und qualifizierte sich als Kickboxer für den Worldcup in Italien. Er nahm teil und gewann.

Das Preisgeld von 1500 Mark investierte er in die Kaution für seine erste eigene Wohnung in Deutschland. Der Worldcup-Sieg verhalf Kalac auch zu positiven Schlagzeilen in der Presse. Darauf folgten Angebote, als Trainer in Vereinen und Fitnessstudios zu arbeiten. 1999 stieg er in ein Fitnessstudio in Groß-Zimmern ein, machte eine Trainerausbildung und arbeitete hier bis 2007. „Natürlich wollte ich eigentlich als Maschinenbauingenieur arbeiten, aber als Flüchtling habe ich keine Möglichkeit gehabt, den Abschluss in Deutschland anerkennen zu lassen“, berichtet Ernes Kalac. Manchmal habe er sich auch diskriminiert gefühlt. „Als Intellektueller in der Putzkolonne oder bei den Behörden zu zittern, ob es mit der Aufenthalts- oder Arbeitsgenehmigung klappt, das war nicht immer leicht für mich“, so Kalac. Dennoch fühlt er sich wohl in Deutschland, „die Menschen sind sozial eingestellt und hilfsbereit“, sagt er. Seine sportliche Karriere habe sich durch Zufall ergeben, damit habe er für sich den besten Weg gesucht, eine Existenz aufzubauen.

Im Jahr 2002 hat Ernes Kalac seinen Verein „Lotus Eppertshausen/Rödermark“ gegründet, in dem er seit 2003 der erste Vorsitzende ist. „Sport fördert Integration“, sagt Kalac, deshalb habe er sich dafür schon sehr früh stark gemacht, auch im Rahmen der Kampagne „Sport für Alle“ vom Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB). 2005 entwickelte er sein Konzept „Integration von Flüchtlingen in der Bundesrepublik Deutschland durch Sport“ für den DOSB. Dafür wurde er auf Bundesebene mit dem goldenen Stern des Sports ausgezeichnet. Ein Jahr später erhielt er den Hessischen Integrationspreis, 2007 den Heinz-Lindner-Preis des Landessportbunds Hessen und 2008 den Sportehrenpreis des Landkreises Darmstadt-Dieburg.

In seinem Verein bezieht er Integration sowohl auf Flüchtlinge und Menschen mit Migrationshintergrund als auch auf Menschen mit Behinderung oder aus sozial belasteten Verhältnissen. „Integration heißt für mich, die Kultur des Landes zu kennen, die Regeln und Gesetze auf allen Ebenen zu akzeptieren und sich allgemein an das soziale und kulturelle Leben anzupassen“, hat Kalac einmal definiert.

Er selbst fühlt sich in Deutschland gut integriert. Leuten, die neu nach Deutschland zuwandern, rät er: „Sie müssen versuchen, alte Gewohnheiten abzulegen und bereit sein zu lernen. Jeder muss bereit sein, Kompromisse zu machen“. Sein Wunsch ist es, sich einbürgern zu lassen, 2011 kann er dafür einen Antrag stellen.