Presse-Archiv 2003

... und Kreisfinanzen mit Rekorddefizit - Landrat legt Wirtschaftsplan vor

Sozialausgaben auf Rekordhöhe

12.12.2003

Darmstadt-Dieburg - Im Kreishaushalt 2004 klafft ein Loch von 31,8 Millionen Euro - trotz eines umfangreichen Konsolidierungsprogramms, das unter anderem höhere Gebühren, geringere Zuschüsse und Personalabbau vorsieht, und obwohl die Kreisumlage um zwei Prozentpunkte angehoben werden und rund zehn Millionen Euro mehr als im Vorjahr in die Kasse bringen soll.
Die "dramatischen Verwerfungen" führt Landrat Alfred Jakoubek auf die aktuelle wirtschaftliche Lage und eine chronische Unterfinanzierung der Landkreise zurück. "Die Landkreise fahren gegen die Wand und haben", so der Verwaltungschef, "keinerlei Chance, sich aus eigener Kraft zu retten." In Hessen stecken nahezu alle 21 Landkreise tief in den roten Zahlen, ihre aufgelaufenen Defizite summieren sich auf insgesamt 400 Millionen Euro. Als Präsident des Hessischen und Vize-Präsident des Deutschen Landkreistags nutzt Jakoubek jede sich bietende Möglichkeit, um in Wiesbaden und Berlin für eine auskömmliche, zuverlässige und konjunkturunabhängige Einnahmequelle zu kämpfen, die zudem schnell verfügbar sein müsse. Die gegenwärtige Reformdebatte stimme allerdings "nicht gerade hoffnungsvoll".
Was die Kreispolitik lähmt und in ihrer Gestaltungsfreiheit erheblich einschränkt, sind Leistungsgesetze, für die Bund und Land nicht die entsprechenden Mittel bereitstellen.
Das gilt vor allem für die drei Felder Sozialhilfe, Jugendhilfe und Flüchtlingswesen. Die Ausgaben hierfür explodieren förmlich, sind allein von 2002 auf 2003 um 10,3 auf 98,4 Millionen Euro gestiegen. Demgegenüber erhielt der Kreis nicht mehr, sondern weniger Ausgleichszahlungen, so dass diese staatlichen Aufgaben zunehmend, zuletzt mitrund 65 Millionen Euro, aus der Kreisumlage mitfinanziert wurden. Jakoubek fürchtet, dass sich die Entwicklung ungebremst fortsetzt, wagt jedoch in Anbetracht vieler ungewisser künftigen Regelungen keine genaue Prognose für 2004. Weitere Belastungen im Haushalt sind die Erhöhung der Krankenhausumlage um 1,6 Millionen und der Umlage des Landeswohlfahrtsverbands um 3,3 Millionen Euro.
Das im laufenden Jahr begonnene Konsolidierungsprogramm (wir haben darüber berichtet) setzt der Landrat konsequent fort. Herbe Einschnitte müssen vor allem die Kreisbediensteten hinnehmen: 14 Stellen werden gestrichen, Beförderungen aufgeschoben, frei werdende Stellen, wenn überhaupt, frühestens nach neun Monaten wieder besetzt, der Essenszuschuss fällt ebenso weg wie Betriebsausflug oder freie Tage an traditionellen Festen. Andere Maßnahmen wirken auch nach außen, beispielsweise erhöhen das Rechnungsprüfungs- und das Brandschutzamt ihre Gebühren, Zuschüsse für die Sanierung von denkmalgeschützten Anwesen werden vorerst ausgesetzt. Aber auch noch so viele Kürzungen könnten den Haushalt nicht kurieren. Nur maximal fünf Prozent der Aufwendungen im Erfolgsplan kann der Kreis selbst beeinflussen. Im Gegensatz zur "Operation sichere Zukunft" des Landes will Jakoubek den Rotstift nicht in der vorbeugenden Sozialpolitik ansetzen. So sollen etwa die Fachstelle Ausbildungsbegleitung, die Schuldner- und die Erziehungsberatung ungeschoren bleiben, "denn heute hier zu sparen, heißt morgen ein Vielfaches draufzahlen".
Um einigermaßen über die Runden zu kommen, soll der Hebesatz der Kreisumlage (Anteil am Steueraufkommen der Gemeinden) um zwei auf 43,5 Prozentpunkte angehoben werden. Der Regierungspräsident als Finanzaufsicht hatte sogar eine Erhöhung um 4,5 Prozentpunkte empfohlen. In Kenntnis ihrer Sorgen und Nöte will der Landrat die Kommunen nicht noch stärker belasten, zumal eine Besonderheit, die außerordentlich hohen Gewerbesteuereinnahmen von Weiterstadt, auch eine außerordentlich hohe Umlagezahlung bewirkt. "Dafür können sich alle Gemeinden und der Kreis vielmals bei T-Online bedanken", so Jakoubek. Die Kreisumlage summiert sich auf 96,8 Millionen Euro - rund 10,2 Millionen mehr als im Vorjahr, wobei Weiterstadt allein fast neun Millionen Euro mehr zahlt als 2003. Dagegen führen sechs Gemeinden, deren Steuereinkommen regelrecht weggebrochen ist, trotz erhöhten Hebesatzes weniger Geld an den Kreis ab (Dieburg, Fischbachtal, Groß-Zimmern, Messel, Münster und Roßdorf).
Eine gute Nachricht vor allem für Familien und das Handwerk: Der Kreis investiert auch in schlechten Zeiten. Im Investitionsplan sind Ausgaben von mehr als 23 Millionen Euro vorgesehen. Schwerpunkt dabei ist erneut der Schulbau. Zwei neue Grundschulen, eine neue Turnhalle und die Erweiterung  von drei Lehranstalten um insgesamt zehn Räume, außerdem diverse kleinere Projekte, umfasst das 9,5 Millionen Euro schwere Programm für 2004. Mit 7,8 Millionen schlagen Umbau und Erweiterung des neuen Landratsamt in Kranichstein zu Buche. Dies ist laut Jakoubek größtenteils durch zusätzliche Mieteinnahmen gegenfinanziert. Die Nettoneuverschuldung beziffert der Landrat mit 4,35 Prozent. Über den jetzt vorgelegten Wirtschaftsplan-Entwurf diskutiert der Kreistag in der ersten Sitzung im neuen Jahr, am 16. Februar.

Eckdaten_zum_Wirtschaftsplan_2004_(Entwurf)

Ergebnishaushalt:

* Erträge: 196,2 Mio. Euro
* Aufwendungen: 228,0 Mio. Euro

Investitionsplan:

* Einnahmen: 5,7 Mio. Euro
* Ausgaben: 23,1 Mio. Euro

* Kreditaufnahme: 17,3 Mio. Euro
* Tilgung: 7,4 Mio. Euro
* Nettoneuverschuldung: 9,9 Mio. Euro = 4,35 % der Ausgaben im Erfolgsplan
* Hebesatz der Kreisumlage: 43,5% (inkl. 2,13 % ÖPNV-Umlage)
* Schulumlage: 8 %

Schulbauprogramm 2004

* Babenhausen-Hergershausen: Neubau Grundschule (Bachwiesenschule), 2,8

Mio.Euro

* Pfungstadt-Hahn: Neubau Grundschule, 2,76 Mio. Euro                             * Groß-Zimmern: Neubau Turnhalle Albert-Schweitzer-Schule, 650.000 Euro
* Erzhausen: Zubau Lessingschule (4 Räume), 450.000 Euro
* Münster: Erweiterung Schule auf der Aue (2 Räume), 220.000 Euro
* Roßdorf: Zubau Justin-Wagner-Schule (4 Räume), 450.000 Euro
* für allgemeine Baumaßnahmen 2,16 Mio. Euro
* Gesamtinvestitionen Schulen (ohne Lehrmittel): 9,5 Millionen Euro.

Außerdem zahlt der Kreis in 2004 rund 650.000 Euro an Pfungstadt und Reinheim zurück; beide Städte hatten Schulbauprojekte vorfinanziert.
db

 

 

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