Presse-Archiv 2004

Betroffene brauchen Unterstützung - Angst und Abhängigkeit

Wenn Streit in Gewalt mündet

16.12.2004

Darmstadt-Dieburg - Frauen, die von ihrem Partner oder dem Ex verfolgt, bedroht, geschlagen werden, wenden sich in ihrer Not oft an Frauenbeauftragte und -beratungsstellen. Dort unternimmt man alles, um ihnen beizustehen. Doch mitunter stoßen auch die Fachkräfte an ihre Grenzen. Dagmar Zeiß, die Leiterin des Kreisfrauenbüros, hat deshalb ein Seminar organisiert, das die Helferinnen eingehend über Handlungsmöglichkeiten nach dem Gewaltschutzgesetz und den Umgang mit Betroffenen informierte.

"Verfolgung und Bedrohung halten oft noch lange nach der Trennung an", berichteten Renate Bauer und Lioba Wunderle von der Beratungsstelle des Frauenhauses in Dieburg . Gerade die Zeit nach einer Trennung sei oft hochbrisant. Das Gericht kann laut Frauenbeauftragter Zeiß nach dem Gesetz anordnen, dass der Täter Abstand zu der bedrohten Person hält und deren Wohnung nicht betritt. Kränkungen und Rachewünsche gingen aber häufig weit über diese befristeten Schutzanordnungen hinaus. Mit gutem Grund habe das Hessische Justizministerium im Sommer einen Gesetzesentwurf zum "Stalking" vorgelegt, durch den massives Nachstellen und Belästigen gesetzlich unterbunden werden soll.

Eine Frau habe häufig viele Jahre der Demütigungen, körperlichen Gewalt oder sexuellen Übergriffe hinter sich, bevor sie den Mut fasse zu gehen. Außenstehenden erscheine das Verhalten der Betroffenen jedoch bisweilen unlogisch und inkonsequent: Gar nicht selten kommt es vor, dass die Frau im Zustand großer Verzweiflung vor dem Peiniger flieht und ihn anzeigt, wegen der Kinder, aus Angst oder Abhängigkeit aber schon bald wieder zu dem gewalttätigen Partner zurückkehrt und die Anzeige zurückziehen will. Solche Frauen, denen oft jegliches Selbstwertgefühl abhanden gekommen ist, brauchen viel Unterstützung, Motivation und fachliche Beratung, damit sie sich stabilisieren können, weiß das Team aus der Dieburger Beratungsstelle. Die Ausführungen waren für die Mitarbeiterinnen der Frauenbüros sowie der Frauen- und Mütterzentren sehr aufschlussreich. Eine Teilnehmerin: "Jetzt verstehe ich besser, weshalb Hilfe suchende Frauen sich oft ambivalent verhalten und sich einfach nicht von ihrem Mann trennen wollen."

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