Presse-Archiv 2001

Landkreiskinder kommen voraussichtlich doch in Gymnasien unter

Der Knoten ist geplatzt

30.05.2001

Darmstadt-Dieburg - Für die zunächst abgewiesenen 142 Grundschulabgänger aus dem Landkreis besteht die berechtigte Hoffnung, nach den Sommerferien doch auf eine gymnasiale Eingangsklasse wechseln zu können. Die Leiter der Darmstädter Gymnasien, verantwortlich für die Festlegung der jeweiligen Aufnahmekapazitäten, hatten am 9. Mai bei einer Zusammenkunft im Staatlichen Schulamt noch erklärt, es sei möglich, knapp 360 der insgesamt etwa 500 Anmeldungen aus dem Umland zu berücksichtigen. Nun aber zeichnet sich ab, dass für den Überhang zusätzliche Plätze bereit gestellt werden. Zumindest stehen die Signale sehr günstig, beschreibt Erste Kreisbeigeordnete Celine Fries den Zwischenstand der Bemühungen, die betroffenen Eltern zufrieden zu stellen. Voraussichtlich wird jeweils eine zusätzliche Klasse an der Viktoriaschule, der Justus-Liebig-Schule, der Lichtenberg- und der Georg-Büchner-Schule mit jeweils bis zu 33 Plätzen. Die von der Schulkonferenz beantragte und vom Staatlichen Schulamt kurzfristig in Aussicht gestellte Gymnasialklasse an der
Friedrich-Ebert-Schule in Pfungstadt, die - parallel zur Förderstufe - im nächsten Schuljahr erstmals angeboten wird, schafft ein weiteres Ventil. Dort kommen alle 23 Pfungstädter Kinder, die aus Darmstadt eine Absage erhielten, unter. Da auch in dieser neuen fünften Klasse bis zu 33 Schüler unterrichtet werden, haben weitere Jungen und Mädchen die Chance, ihre schulische Laufbahn von der Sexta bis zur Oberprima unmittelbar am Wohnort zu absolvieren und sich damit die täglichen Bus- und Straßenbahnfahrten zu ersparen. So können auch Familien, deren Kinder Glück im Losverfahren und eine Zusage aus Darmstadt erhalten hatten, auf die Schnelle noch umdisponieren und sich für das im Wortsinne naheliegende Angebot entscheiden.
Die Lehrerversorgung werde gesichert, heißt es aus dem Staatlichen Schulamt zu den aktuellen Überlegungen. Dass sich die Situation nun absehbar entspannt, sei das Ergebnis fieberhafter Bemühungen auf allen Seiten, sagt Erste Kreisbeigeordnete Celine Fries. Bereits vor und unabhängig von ihrem Auslandsaufenthalt hätten sie und ihre Mitarbeiter in der Schulverwaltung zusammen mit dem Staatlichen Schulamt, dem Schuldezernat der Stadt und den dortigen Gymnasien daran gearbeitet, Reserven zu mobilisieren. Entschieden wehrt sich die Kreisschuldezernentin dagegen, dass ihr von einigen Seiten der Schwarze Peter zugeschoben wird. Entgegen einem verbreiteten Irrtum sitze nicht der Schulträger an allen Hebeln, vielmehr bestimme grundsätzlich jede Lehranstalt selbst ihre Aufnahmebereitschaft, das Staatliche Schulamt kümmere sich vor allem um ausreichendes pädagogisches Personal, mit dem hauptsächlich für die Ausstattung verantwortlichen Schulträger (hier Landkreis oder Stadt Darmstadt) sei lediglich das Einvernehmen herzustellen. Insbesondere das 1999 in Kraft getretene Hessische Schulgesetz habe die Kompetenzen der Schulträger zugunsten von Eltern und Schulen verschoben. Organisatorische Änderungen, etwa die Schaffung von schulformbezogenen Eingangsklassen, kann nun die jeweilige Schulkonferenz mit Zweidrittelmehrheit initiieren. Diese Möglichkeit hat im Landkreis bisher die Friedrich-Ebert-Schule in Pfungstadt mit ihrem Antrag auf einen gymnasialen Zweig ab Klasse 5 genutzt. Fries befürwortet, dass Betroffene mitreden können und hat nach eigenen Angaben Eltern und Schulen schon in der Vergangenheit in wichtige Entscheidungen, etwa die Einrichtung eines gymnasialen Zweigs in Reinheim, eingebunden. Die Stadt Gießen sieht die gestiegene Machtfülle der Schulkonferenzen als unzulässigen Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung und führt einen Musterprozess gegen das Land Hessen. Darüber wird der Staatsgerichtshof (Wiesbaden) voraussichtlich am 13. Juni entscheiden.
Fries weist außerdem darauf hin, dass sie seit mehr als einem Jahr mit ihrer Amtskollegin, Stadträtin Daniela Wagner, darüber verhandle, ob sich, wie schon einmal in den siebziger Jahren, mit finanziellem Engagement des Kreises an Darmstädter Gymnasien mehr Platz für Landkreiskinder schaffen ließe. Nach dem derzeitigen Stand besteht grundsätzlich an zwei Lehranstalten, der Georg- Büchner- und der Lichtenbergschule, die Möglichkeit, einen Erweiterungsbau für einen zusätzlichen Gymnasialzug zu errichten. Dafür wären jeweils neun Klassen-und mehrere Fachräume erforderlich. In Massivbauweise hergestellt, müsste der Kreis pro Standort rund fünf Millionen Mark investieren. Allerdings befürchtet man im Rathaus spätere Leerstände, wenn die Schülerzahlen in den kommenden Jahren absinken, was für Darmstadt - nicht aber für den Wachstumskreis Darmstadt-Dieburg - prognostiziert wird. Zu dem Vorschlag der Ersten Kreisbeigeordneten, als Zwischenlösung für zwei bis drei Jahre Pavillons aufzustellen, hat sich die Stadt noch nicht abschließend geäußert.

dp

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