Presse-Archiv 2001

Kreiskrankenhaus Jugenheim richtet sich neu aus

Neurologische Reha als Überlebenskonzept

16.07.2001

Seeheim-Jugenheim - Im Kreiskrankenhaus Jugenheim hat eine neue Abteilung für Neurologische Rehabilitation die Arbeit aufgenommen. Nach einem Vier-Stufen- Plan soll die Kapazität bis zum Jahr 2004 von zurzeit 20 auf 80 Betten ausgebaut werden. Die bisherigen Stationen für Chirurgische Nachsorge und Innere Medizin werden gleichzeitig schrittweise zurückgefahren und am Ende aufgelöst. Die Chirurgie bleibt mit 48 Betten erhalten. Damit greift ein im vorigen Jahr vom Kreistag beschlossenes Konzept, das die mit insgesamt 128 Betten verhältnismäßig kleine Klinik langfristig auf gesunden Kurs bringen soll. In seiner bisherigen Struktur hatten die Krankenkassen als Kostenträger dem Haus spätestens nach der Einführung eines neuen Entgeltsystems mit Fallkostenpauschalen im Jahr 2003 wirtschaftlich kaum mehr Überlebenschancen eingeräumt. Mit der Konzentration auf ein neues Aufgabenfeld wird nach Auskunft von Landrat Alfred Jakoubek eine Versorgungslücke geschlossen und gleichzeitig der Bestand des Krankenhauses samt 180 Arbeitsplätzen gesichert. Seit Mai werden in Jugenheim die ersten Schlaganfallpatienten behandelt. Inzwischen sind die vorerst verfügbaren 20 Plätze voll belegt. Von September an erhöht sich die Aufnahmezahl nach den Vorgaben der Kostenträger auf 30, im kommenden Jahr auf 48 Kranke. In der Regel handelt es sich um Patienten, die nach einem Schlaganfall, einer Schädelhirnverletzung oder einer anderen akuten Erkrankungen des Zentralnervensystems in einer neurologischen, internistischen oder Unfallklinik erstversorgt wurden. Sie haben vielfach lebensbedrohliche Krisen überstanden, benötigen zwar teilweise noch Hilfe etwa beim Waschen oder Anziehen, bedürfen jedoch keiner permanenten intensiv- und apparatemedizinischen Behandlung mehr. In der Neurologischen Reha des Kreiskrankenhauses Jugenheim werden die Betroffenen nach einem individuellen, langfristig ausgelegten Therapieplan, der auch die Angehörigen mit einbezieht, auf die Rückkehr nach Hause und gegebenenfalls ins Berufsleben vorbereitet. Zum Behandlungskonzept gehören unter anderem Krankengymnastik, Elektrostimulation bei teilweisen Muskellähmungen, Ergotherapie, Logopädie sowie Neuropsychologie mit Diagnostik und entsprechender Therapie bei Störungen der Gehirnleistung. Die Nachsorgebehandlung in der Klinik dauert meist 20 bis 40 Tage. Der Altersdurchschnitt der Patienten liegt zurzeit bei etwa 60 Jahren, dürfte sich jedoch deutlich verringern, wenn neben Schlaganfall-Opfern zunehmend Unfallverletzte nach Jugenheim überwiesen werden. Für die Position des Leitenden Oberarztes hat der Kreis einen erfahrenen Spezialisten gewonnen, den 54 Jahre alten Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Reimar Schulz. Er arbeitete nach seinem Medizinstudium in Saarbrücken in verschiedenen Krankenhäusern unter anderem in Freiburg, Lübeck und Dortmund, zuletzt im Rehabilitationszentrum der Uniklinik Köln sowie in der Neurologischen und Frührehabilitation der Hedon-Klinik in Lingen. Seit Januar dieses Jahres entwickelte Schulz zusammen mit Dr. Walter Dotzel, dem Chefarzt der Inneren Medizin, ein umfassendes medizinisch- therapeutisches Konzept für den Aufbau der neuen Reha-Abteilung im Kreiskrankenhaus. Das Einzugsgebiet der Klinik erstreckt sich auf den gesamten südhessischen Raum. Als geradezu ideale Verbindung bezeichnet Gesundheitsdezernent Jakoubek die Zusammenarbeit mit der „Stroke Unit“ der Städtischen Kliniken in Darmstadt- Eberstadt. Dadurch könne die Anschlussbehandlung nach der akuten Phase in unmittelbarer Nähe erfolgen. Dies bedeute eine erhebliche Erleichterung für Kranke und deren Familien, da bisher entsprechende Reha-Angebote nur relativ weit entfernt, etwa in Bad Homburg und Bad Salzhausen, zu finden waren und die damit verbundenen  Beschwernisse in Kauf genommen werden mussten. Auch die regionale Schlaganfall- Selbsthilfegruppe Weiterstadt sieht einen „großen Fortschritt zum Wohle aller Schlaganfallpatienten und Unfallopfer“. Als Reaktion auf kritische Stimmen hatte sich die Organisation vehement für die Umstrukturierung des Kreiskrankenhauses Jugenheim eingesetzt und bei einer Unterschriftenaktion im Herbst vergangenen Jahres rund 500 Pro-Reha Stimmen gesammelt.
dp

 

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