Presse-Archiv 2001

Jakoubek: Späte Genugtuung im Asylkostenstreit

Kreis fordert neun Millionen Mark

16.08.2001

Darmstadt-Dieburg - Das Land Hessen soll dem Landkreis neun Millionen Mark für die Flüchtlingsbetreuung in den zurückliegenden vier Jahren nachzahlen. Das verlangt Landrat Alfred Jakoubek, nachdem der Verwaltungsgerichtshof Kassel (VGH) eine Verordnung von 1997, mit der neu eingeführte Pauschalen für die Asylkostenerstattung an die Kommunen kurzfristig gekürzt worden waren, für rechtswidrig und nichtig erklärt hat. Ein vom Landkreis Fulda stellvertretend für die betroffenen Gebietskörperschaften angestrengtes Normenkontrollverfahren gegen diese Vorgehensweise war jetzt erfolgreich. Aufgrund des VGH-Beschlusses drohen dem Land kommunale Ansprüche in Höhe eines dreistelligen Millionenbetrags. Wie man in Wiesbaden damit umgeht, ist unklar. Eine Revision ist nicht zugelassen, dagegen kann jedoch Beschwerde eingelegt werden.
Jakoubek empfindet das Urteil als späte Genugtuung. Er war damals gegen die "schreiend ungerechte" Pauschale, deren Bemessungsgrundlage selbst das zuständige Ministerium nicht plausibel erklären konnte, und die Kürzung energisch zu Felde gezogen und vom Kreistag ermächtigt worden, dagegen juristisch vorzugehen. Dazu kam es nicht, weil man sich innerhalb der kommunalen Familie darauf verständigte, nicht mehrere Parallelverfahren anzustrengen, sondern einen (den Kreis Fulda) für alle kämpfen zu lassen. Konkret geht es um Folgendes: Vor vier Jahren änderte die - damals rot-grüne - Landesregierung das Landesaufnahmegesetz und zahlte den Kreisen fortan nicht mehr die tatsächlichen Kosten, sondern eine Pauschale für die Unterbringung und Betreuung von Asylbewerbern. Die zum 1. Juli 1997 eingeführten Festbeträge wurden per Rechtsverordnung buchstäblich über Nacht, am 2. Juli, um 74 Mark pro Person und Monat reduziert. Diese hastige Verordnung hat der Verwaltungsgerichtshof jetzt gerügt und für unwirksam erklärt, auch weil die Kostenentwicklung nicht abgewartet wurde und somit der Kürzung keine nachvollziehbare Berechnung zugrunde lag.
Für Darmstadt-Dieburg, damals Aufenthaltsgebiet von mehr als 2.800 Asylbewerbern, war die Pauschale zunächst auf 940 Mark festgesetzt, dann auf 866 Mark abgesenkt worden. Durch die nach VGH-Beschluss unzulässige Kürzung sind dem Kreis insgesamt neun Millionen Mark entgangen (Stand 30.Juni 2001). Das ist der Betrag, den der Landrat jetzt einfordert. Jakoubek appelliert an die Landesregierung, die Gerichtsentscheidung zu akzeptieren und den Landkreisen ohne taktische Manöver und Zeitschinderei zu zahlen, was ihnen zusteht.

dp

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