Presse-Archiv 2001

Müllsheriffs finden immer seltener harte Brocken

Unter hundert Tonnen nur ein faules Ei

20.02.2001

Darmstadt-Dieburg - Gäbe es Kopfnoten für die Mülltrennung, die Bürger im Landkreis hätten in Ordnung und Disziplin eine "Eins" verdient. Lediglich eine von hundert Biotonnen enthält außer organischen Abfällen auch Stoffe, die nicht hinein gehören wie Getränkedosen, Plastiktüten und Metallteile. Immer seltener stoßen die elektronischen "Müllsheriffs", die der Zweckverband Abfall- und Wertstoffeinsammlung (ZAW) bereits seit 1996 zur Kontrolle einsetzt, auf harte Brocken. Das belegt die Statistik. Von annähernd einer halben Million überprüfter Tonnen wurden im vorigen Jahr rund 5.800 beanstandet. Die mit gut drei Prozent auch in der Vergangenheit schon vergleichsweise niedrige "Fehlwurfquote" ist somit noch weiter zurückgegangen auf exakt 1,27 Prozent. Die fittesten Saubertrenner wohnen offenbar in Groß-Bieberau (0,65 Prozent) und in Babenhausen (0,68 Prozent Beanstandungen). "Das ist absolut vorbildlich", freut sich Erste Kreisbeigeordnete Celine Fries.
Darmstadt-Dieburg gehörte bundesweit zu den Ersten, die vor fünf Jahren ein damals von einem Umwelttechnik-Unternehmen in Tübingen neu entwickeltes Gerät zum Bioabfall-Check anschafften. Inzwischen sind viele dem Beispiel gefolgt, im vergangenen Jahr auch der Kreis Bergstraße. Bei den Geräten handelt es sich um spezielle Detektoren, die am Heck der Müllfahrzeuge angebracht sind, jede Tonne durchleuchten und auf Fremdkörper mit Warnlicht und lautem Piepsen reagieren. Während früher schon mal Maurerkellen, Autoteile und Gartengeräte, selbst ein Wildschweinkopf und ein Einplattenherd zwischen Ästen und Speiseresten geortet wurden, tauchen derartige "Klopse" heute nur selten auf. Mitunter werden - möglicherweise von Passanten -Getränkebüchsen eingeworfen, mancher packt seine Küchenabfälle in Plastik statt in Papier, gelegentlich wandert Hausmüll nicht in die graue, sondern die grüne Tonne. Ein bisschen Schussligkeit dürfte im Spiel sein, wenn Kartoffel-, Spargel- oder Gurkenschalen mitsamt dem Schälmesser, hin und wieder auch Scheren und Löffel der Kompostierung anheim gegeben werden. Zudem gilt, was nicht allen Tierbesitzern bekannt sein mag, auch Katzen- und Hamsterstreu (weil mit Kot verunreinigt) als Risikomaterial bei der Produktion von Naturdünger, und ist ein Grund für die Müllabfuhr, die rote Karte zu ziehen. Buchstäblich schwer zu schaffen machen den Müllmännern Tonnen, deren Inhalt regelrecht zusammen gestampft wurde. Bringt ein normal gefüllter 120-Liter Behälter knapp einen Zentner auf die Waage, schlagen vereinzelt gleich große, heftig gepresste Exemplare mit mehr als dem doppelten Gewicht zu Buche. Davor kapituliert das Personal ebenso wie die Hebeanlagen der großen Mülltransporter. Bei der Sicht- und Detektorkontrolle ausgemusterte Tonnen bleiben mit einem entsprechenden Hinweiszettel unter dem Deckel ungeleert stehen. Die zuständigen Haushalte können dann entscheiden, ob sie selbst nachsortieren oder die Biotonne mit dem Restmüll entsorgen lassen. Dafür muss man sich bei der Gemeinde eine Banderole besorgen und 30,60 Mark bezahlen. Drei Viertel der Betroffenen entscheiden sich für die mühsame, aber kostenlose Handarbeit.

dp

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