Presse-Archiv 2002

Neues Zentrum für schulische Erziehungshilfe steht Eltern und Lehrkräften bei

Kleine Kinder, große Sorgen

21.11.2002

Darmstadt-Dieburg - Damit sich schwierige Phasen in jungen Jahren nicht zu massiven Problemen auswachsen und womöglich Chancen für den weiteren Lebensweg verbauen, bietet ein neues Zentrum für schulische Erziehungshilfe Eltern, Lehrkräften und Kindern Unterstützung an. Die Präventions und Beratungsstelle mit Sitz in der Pfaffenbergschule in Nieder-Ramstadt ist nach Auskunft von Vize-Landrätin Celine Fries ein Pilotprojekt, in dem erstmals Fachkräfte der Kreisverwaltung und des Staatlichen Schulamtes interdisziplinär zusammenarbeiten. Der Zuständigkeitsbereich erstreckt sich auf alle 54 Grundschulen im Landkreis. Zugangshürden gibt es nicht: Wer Rat sucht, kann schreiben, vorbeikommen oder einfach anrufen.
Zwei Sonderschullehrerinnen, Ute Oetken und Inge Rick, sowie zwei Sozialpädagoginnen des Jugendamtes, Daniela Glenzer und Gabi Jacob Höflein, bringen das nötige Know-how für eine ganzheitliche "Entwicklungshilfe" mit.
Störungen haben viele Gesichter: Manche Kinder zappeln und spielen den Klassenkasper, können sich nicht konzentrieren, sind aggressiv und stören den Unterricht, andere starren Löcher in die Luft, sind mit den Gedanken weit weg, kapseln sich ab oder schwänzen die Schule. Die betroffenen Kinder kommen aus allen sozialen Schichten, und die Gründe für ihr auffälliges Verhalten können die unterschiedlichsten Ursachen haben. Zu behütet oder allein gelassen, autoritär oder im Laisser-faire-Stil erzogen, Spätentwickler, frühreif, vielleicht auch hoch begabt? Die Beraterinnen versuchen, sich ein umfassendes Bild über mögliche Einflüsse zu verschaffen und betrachten dabei die schulische Situation ebenso wie das private Umfeld. Ihr Ziel ist es, die Kräfte der Familien zu mobilisieren, Lehrerinnen und Lehrern kollegiale Unterstützung anzubieten und, wo nötig, im Einzelfall Kontakte zu Spezialisten oder Institutionen zu vermitteln. Vor allem aber will man betroffene Jungen und Mädchen so ins Gleichgewicht bringen, dass sie sich in der Gemeinschaft zurecht finden und nicht immer weiter abstürzen, in der Sonderschule oder im Heim landen. Natürlich setzt diese Vorgehensweise voraus, dass alle Beteiligten freiwillig mitarbeiten und sich helfen lassen wollen.
Das Beratungsteam sichert absolute Vertraulichkeit zu. Jeder Vorschlag, jeder Schritt wird besprochen und erklärt. Es gibt weder Schuldzuweisungen noch Standpauken. Vereinbarungen werden im gegenseitigem Einvernehmen getroffen. Wo die Verständigung zwischen Schule und Elternhaus blockiert ist, versucht man, das Eis zu brechen.
Obwohl das neue Erziehungshilfezentrum mit einer Informationskampagne an den Grundschulen jetzt erst richtig bekannt gemacht werden soll, sind bereits mehr als zwei Dutzend Anfragen dort eingegangen. Jugenddezernentin Fries und Jürgen Weßling, der Leiter des Staatlichen Schulamtes, halten den Dienst für eine wichtige Präventionseinrichtung. Wissenschaftlichen Untersuchungen zufolge zeigt nahezu jedes fünfte Kind zumindest zeitweilig Verhaltensauffälligkeiten.
Das kann eine kurze Episode sein - oder der Beginn einer manifesten Störung.
Erwachsene sollten aufmerksam beobachten und sich ohne Scheu lieber zu früh als zu spät an Experten wenden. Es gebe Überlegungen, das Pilotprojekt bei entsprechender Resonanz mittelfristig um zusätzliche Stützpunkte zu ergänzen und auf weiterführende Schulen auszuweiten, sagt Fries. Seit zwei Jahren besteht eine Arbeitsgruppe mit Vertretern des Kreises, der Stadt Darmstadt, des Staatlichen Schulamtes und verschiedener Schulen, die unter der Leitung des Rektors der Eduard Flanagan- Schule in Babenhausen, Peter Baumann, Konzepte für den Umgang mit "schwierigen" Kindern entwickelt und das Profil der neuen Einrichtung wesentlich mitgezeichnet hat. Den Umbau von zwei Klassenzimmern der Pfaffenbergschule zu Büros und Besprechungsraum und die Einrichtung des Beratungszentrum bis hin zum eigenen Briefkasten ließ sich der Landkreis 37.500 Euro kosten. Der jährliche Aufwand für Personal und laufenden Betrieb beträgt insgesamt rund 125.000 Euro.
Kontakt: Zentrum für schulische Erziehungshilfe, Am Steinbruch 2, 64367, Mühltal, Telefon 06151/5990856.
db

 

 

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