Presse-Archiv 2003

Jugendamt des Kreises legt detaillierte Statistik vor

Hilfe zur Erziehung schwarz auf weiß

27.08.2003

Darmstadt-Dieburg - In 704 Fällen von Erziehungshilfe leistet der Landkreis Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen Beistand. Dafür gab er im vergangenen Jahr mehr als 20,6 Millionen Euro aus. Zum ersten Mal hat jetzt das Kreisjugendamt mit Stichtag 31. Dezember 2002 differenziert aufgelistet, wie sich die Unterstützung für junge Menschen unter 21 Jahren aufgliedert, welche Altersgruppen betreut werden, wo die Gründe für das behördliche Eingreifen liegen. "Damit haben die politischen Gremien eine aussagekräftige Grundlage für künftige Strategien auf dem weiten Feld der Hilfe zur Erziehung", loben Landrat Alfred Jakoubek und Erste Kreisbeigeordnete Celine Fries das umfangreiche Zahlenwerk. Für den Weg zum erklärten Ziel, Darmstadt- Dieburg als familienfreundlichen Landkreis zu profilieren, erhalte man dadurch wertvolle Informationen.
Acht verschiedene Arten von Maßnahmen unterscheidet das Jugendamt. Unangefochten an der Spitze steht die Unterbringung im Heim oder in          anderen betreuten Wohnformen mit 219 Fällen. Im Landkreis belegt das Jugendamt drei Heime - in Klein-Zimmern, in Malchen, in Jugenheim -, darüber hinaus gibt es Möglichkeiten im näheren Umkreis bis hin - bei speziellen Fällen - in ganz Deutschland. Eine sozialpädagogische Familienhilfe, also Unterstützung für Eltern und Kinder, greift 167 Mal. Dass ein Kind aus verschiedenen Gründen nicht mehr zuhause bleiben kann (zum Beispiel Tod oder Krankheit eines Elternteils, aber auch wegen Misshandlung) und somit einer Vollzeitpflege in einer anderen Familie bedarf, kommt im Landkreis 145 Mal vor. Mit 79 Fällen eine aktuell steigende Tendenz hat die Erziehung in einer Tagesgruppe, ein Angebot für kleinere Kinder mit Schwierigkeiten im familiären Umfeld. Neben Mittagessen oder Hausaufgabenbetreuung gibt es eine Familienberatung. Fünf so genannte Tagesheime im Landkreis stehen dafür zur Verfügung. Eine Hilfe für junge Volljährige - für das Jugendamt sind das 18- bis ausnahmsweise 27- Jährige -, nehmen derzeit 45 Landkreisbewohner in Anspruch. Betreuungshelfer beziehungsweise Erziehungsbeistände kümmern sich in 23 Fällen um ihr jugendliches Klientel. Eine sozialpädagogische Einzelbetreuung, also intensive Unterstützung, bekommen im Landkreis immerhin noch 21 junge Menschen. Schließlich waren die vom Kreisjugendamt gebuchten fünf Plätze für vorläufige Schutzmaßnahmen für Jugendliche gut belegt, Betreuer nahmen insgesamt  51 Betroffene unter ihre Fittiche. In der Statistik enthalten ist auch die Hilfe für seelisch behinderte Jugendliche oder solche, die von Psychosen und Neurosen bedroht sind. In der Regel stationär behandelt werden Autismus, Bulimie, Drogenabhängigkeit oder Schizophrenie. Dieser Bereich mit zurzeit 48 Fällen ist genauso wie der ambulante - beispielsweise Legastheniker mit damit verbundenen Neurotisierungen - laut Kreisjugendamtsleiter Otto Weber "ein Wachstumszweig mit exorbitanten Zunahmen". Unter dem Strich ergibt sich pro tausend Einwohner unter 21 Jahren im Landkreis eine Quote von zehn Fällen. "Das ist zwar objektiv betrachtet wenig, tatsächlich sind es aber zu viele", findet Landrat Jakoubek. Auf der anderen Seite zeige sich, dass sich der Kreis intensiv um die Jugendlichen kümmert. Mädchen und junge Frauen sind bei der Hilfe zur Erziehung mit einem Anteil von 41 Prozent deutlich unterrepräsentiert. Die Gründe für die Maßnahmen des Kreisjugendamts sind vielschichtig. Weit an der Spitze stehen mit zusammen rund 38 Prozent Erziehungs schwierigkeiten und Auffälligkeiten in der Entwicklung junger Menschen. "Immer weniger Eltern erfüllen ihren Erziehungsauftrag", bemerkt Celine Fries. Eine Rolle spiele außerdem die gesamte gesellschaftliche Entwicklung, es fehle das Gemeinschaftsdenken, Egoismus setze sich mehr und mehr durch, den Kindern mangele es an Lob und damit an Anreiz für soziales Verhalten. Auch sind aus vielfach nachvollziehbaren Gründen die Hilfsnetze wie Schule und Kindergarten durchlässiger geworden, es rutschen immer mehr durch zur letzten Instanz Jugendamt. Otto Weber will auch nicht das Thema Gewalt in den Medien vernachlässigen: "Zu viele Kinder töten virtuell tagtäglich bei Computerspielen Menschen". Einen großen Anteil (13 Prozent) haben Beziehungsprobleme der Eltern respektive Trennung oder Scheidung.  Anzeichen für sexuellen Missbrauch oder für Misshandlungen stehen zwar im unteren Bereich der Liste (zusammen vier Prozent), doch ist hier die Dunkelziffer recht hoch. Die meisten Erziehungshilfen (23,6 Prozent) wurden für die Altersgruppe der 12- bis 15-Jährigen eingerichtet, knapp gefolgt von den 15 bis 18-Jährigen mit 22,3 Prozent. Immerhin noch einen Anteil von 4,5 Prozent haben Kleinkinder bis zu drei Jahren. 88,1 Prozent der jungen Menschen mit Hilfe zur Erziehung haben einen deutschen Pass oder Kinderausweis, lediglich 11,9 Prozent kommen aus dem Ausland. Unterstützung hat das Jugendamt inzwischen durch andere Einrichtungen bekommen: Viele Eltern nutzen inzwischen die Angebote der Erziehungsberatungsstellen in Pfungstadt und Groß-Umstadt sowie der Elternschule der Kreisvolkshochschule.
pt

 

 

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