Presse-Archiv 2003

Internationales Flair im Kreisjugendheim in Ernsthofen

Kurlaub und Feriencamps

22.08.2003

Darmstadt-Dieburg - Jugendliche aus mehreren Ländern geben sich zurzeit die Klinken des Kreisjugendheims in Ernsthofen in die Hand. Internationales Sprachengewirr bestimmt den Odenwald, palavert wird in Russisch, Französisch, Polnisch und natürlich Ourewälderisch. Ferienzeit ist Campzeit, und wenn dann auch noch der europäische Gedanke gepflegt oder aber, wie im Fall einer Gruppe aus Weißrussland, gesundheitliche Schäden zumindest ein bisschen gemildert werden können, freut sich Landrat Alfred Jakoubek besonders. "Da wir über unsere Grenzen hinweg Verbindungen schaffen und dazu noch wertvolle Hilf anbieten, leisten wir einen guten Beitrag zur Völkerverständigung", so Jakoubek. Die 13 Jahre alte Nastia hat eine akute lymphoblastische Leukämie und eine Chemotherapie hinter sich, Lena (14) hat die gleiche Blutkrebskrankheit, Alexej (17) ist ebenfalls von Krebs gezeichnet und Sascha (14) hat - hoffentlich - eine Lymphdrüsenerkrankung überstanden. Alle vier sind Opfer der Katastrophe von Tschernobyl und gehören einer Gruppe von 29 Kinder und Jugendlichen aus Gomel in Weißrussland an, die im August im Landkreis neue Kraft tanken und wenigstens für einige Tage ihre schlimme Situation vergessen. Die jungen Weißrussen sind während ihres Aufenthalts bei Gasteltern untergebracht, 17 davon waren zwei Wochen lang zusammen mit ihrem Arzt und zwei Betreuerinnen außerdem Gast des Landkreises im Kreisjugendheim in Ernsthofen. Seit mehr als zehn Jahren erholen sich Gruppen aus Weißrussland im Odenwald, für Landrat Alfred Jakoubek ist es keine Frage, diese wichtige Tradition fortzusetzen. Die 17 Kinder haben eine strahlenbedingte, schwere Krebserkrankung durchgemacht und stehen auch sonst nicht gerade auf der Sonnenseite des Lebens. Nastias Vater ist gestorben, Alexejs Vater verdient umgerechnet 30 Dollar im Monat und kann die Familie nur unzureichend ernähren, Lena ist die Schilddrüse entfernt worden. Vor allem die Ernährungssituation ist in Weißrussland problematisch. Gelände für Obst- und Gemüseanbau ist weitgehend verseucht, importierte Ware teuer und in ländlichen Gebieten nur schwierig zu bekommen. Da lag es nahe, dass der Speiseplan in Ernsthofen üppig gespickt war mit frischen Früchtchen und knackigen Vitaminspendern. Der Erfolg der gesunden Nahrung stellt sich dabei nicht nur auf Zunge und Gaumen ein, auch die medizinischen Werte der Kinder ändern sich durch die aufbauende Kost rasch zum Positiven. Bevor die jungen Weißrussen in Ernsthofen einzogen, herrschten im Kreis-jugendheim die Sprachen Polnisch und Französisch vor. 70 Jugendliche aus der Stadt Reinheim und den polnischen und französischen Partnerstädten übten die EU-Erweiterung auf ihre Art, das Thema internationale Begegnung wurde locker und ohne große Formalitäten umgesetzt. Bei französischen und polnischen Abende fand außerdem ein jugendfrischer Kulturaustausch statt.
Zurzeit fühlen sich in den Räumen des Kreisjugendheims 24 behinderte junge Menschen aus dem Partnerkreis North-East-Derbyshire wohl. Ein abwechslungsreiches Programm versüßt den jungen Briten den Aufenthalt, der allerdings mit mehrstündiger Verspätung begann. Eigentlich war die Ankunft kurz nach Mitternacht von vergangenem Samstag auf Sonntag vorgesehen. Die Betten waren hergerichtet, die Küche hatte einen üppigen Mitternachtssnack vorbereitet. Doch alles blieb zunächst unangetastet, weil die Briten eine mehrstündige Rundfahrt durch Jugenheim machten. Sie lasen auf der Landkarte Jugenheim, übersahen großzügig das "d" und suchten somit dort vergeblich das Jugendheim.
pt

 

 

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