Presse-Archiv 2004

Kreis schafft neue Strukturen - ALG II-Anträge laufen schleppend ein

Rundumbetreuung für Langzeitarbeitslose

09.11.2004

Darmstadt-Dieburg - Als zentrale Anlaufstelle für Langzeitarbeitslose richtet der Landkreis eine "Kreisagentur für Beschäftigung" ein. In dieser neuen Organisationseinheit will Landrat Alfred Jakoubek alle wichtigen Angebote bündeln, unter anderem persönliche Betreuung und wirtschaftliche Hilfe, Schuldner- und Suchtberatung, Qualifikation, Job-Akquise und -Vermittlung.

Darmstadt-Dieburg gehört zu den dreizehn Gebietskörperschaften in Hessen, welche die Hartz IV-Reform unabhängig von der Bundesanstalt für Arbeit (BA) nach dem so genannten Optionsmodell umsetzen. Landesweit bisher einzigartig ist die von Jakoubek gewählte Form des Eigenbetriebs. Besondere Vorteile sieht er dabei unter anderem in einer großen Flexibilität, der kompakten Zusammenfassung aller Finanzströme und dem direkten Einfluss des Parlaments innerhalb der Betriebskommission. Nach einem einstimmigen Votum im Haupt- und Finanzausschuss ist zu erwarten, dass der Kreistag am 15. November der Betriebsgründung zustimmt.

Während sich der Kreis mit Hochdruck auf die neuen Aufgaben vorbereitet, lassen sich die Betroffenen bedenklich viel Zeit, ihre Anträge auf das Arbeitslosengeld II abzugeben. Sie riskieren damit, im Januar ohne Geld da zu stehen. Erst vierzig Prozent der Bögen sind bisher im Landratsamt eingetroffen. Das Sozialamt hatte bereits im September an rund 3.200 als erwerbsfähig eingestufte Sozialhilfeempfänger Formulare und Informationsmaterial verschickt und deutlich darauf hingewiesen, dass die Angaben bis Ende November vorliegen müssen, damit Zahlungen pünktlich zum Jahresbeginn erfolgen können. "Wir gehen jetzt noch einmal alle offenen Fälle durch und haken nach", so Landrat Jakoubek. "Wenn nötig, kommt der Soziale Außendienst auch ins Haus und hilft, um die Sache zu beschleunigen." Die Technik indes funktioniert einwandfrei. Der vorhandene Datenbestand kann problemlos überspielt und ergänzt werden. Wesentlich mehr Aufwand dürfte die Übernahme der Daten von rund 3.100 bisherigen Arbeitslosenhilfebeziehern sein, die bei der BA registriert sind und voraussichtlich bis September 2005 etappenweise nach drei Altersgruppen in die Zuständigkeit des Kreises übergehen. Zwischen den Systemen beider Behörden gibt es keine Schnittstelle, so dass, sofern nicht noch eine Lösung gefunden wird, alle Angaben von Hand eingegeben werden müssen.

Die Kreisagentur für Beschäftigung wird also für insgesamt rund 6.300 Bedarfsgemeinschaften - das sind mit Familienangehörigen rund 8.600 Personen - zuständig sein und braucht dafür das entsprechende Personal. Aus den verschiedenen Fachabteilungen der Verwaltung wechseln 43 Kräfte in die neue Organisationseinheit. Bedarfsabhängig soll sich die Zahl der Sachbearbeiter für die Leistungsgewährung und der Fallmanager, die sich individuell um die Langzeitarbeitslosen kümmern, im Lauf des nächsten Jahres auf vorerst 100 erhöhen, teilweise mit Zeitverträgen. Auf entsprechende Stellenanzeigen sind rund 750 Bewerbungen eingegangen von Interessenten mit unterschiedlichster Vorbildung unter anderem auf kaufmännischem, pädagogischem, theologischem Feld. In den nächsten Wochen laufen die Vorstellungsgespräche an. Eine wesentliche Personalentscheidung hat der Landrat bereits getroffen und, zunächst kommissarisch, Rosemarie Lück, die bisherige Chefin der Kreisvolkshochschule, zur Ersten Betriebsleiterin der Kreisagentur bestellt. Die Position des Zweiten Betriebsleiters ist verwaltungsintern ausgeschrieben. Lücks vorrangige Aufgabe ist es jetzt, mit Unterstützung einer kompetenten Steuerungsgruppe die Feinstrukturen des Betriebs aufzubauen. Das Kreisagentur wird für eine Übergangszeit "irgendwo im Stadtgebiet" angesiedelt sein, so der Landrat. "Wir prüfen zurzeit verschiedene Mietangebote". Seinen endgültigen Sitz findet das Betreuungszentrum für Langzeitarbeitslose später in einem - ohnehin geplanten - Neubau beim Landratsamt in Kranichstein. Das Grundstück dazu, ein Areal von 5000 Quadratmetern Fläche, überträgt der Kreis dem Eigenbetrieb als Stammkapital. Das Gebäude soll im Frühjahr 2006 bezugsfertig sein und außer der Kreisagentur verschiedene Ämter aufnehmen.

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