Presse-Archiv 2004

Erste Sicherheitskonferenz im Landkreis - Statistik sagt nicht alles

Motiv: Aufklären und vorbeugen

12.11.2004

Darmstadt-Dieburg - Vertreter der 23 Städte und Gemeinden, der Kreisverwaltung und der Polizei kamen am Freitag auf Einladung von Landrat Alfred Jakoubek zur ersten überörtlichen Sicherheitskonferenz zusammen. Zwar prägen nicht Mord und Totschlag die Region, doch gibt es zahlreich andere Problemfelder, die das objektive Sicherheitsgefühl der Bürger beeinträchtigen und eine verstärkte Prävention angeraten erscheinen lassen. Dafür will man in Zukunft behördenübergreifend enger zusammenarbeiten und auch die Bevölkerung stärker einbeziehen.

Polizei-Vizepräsident Roland Desch begrüßte das große Interesse der Kommunen, Aufklärung und Vorbeugung gemeinsam anzupacken, und bot eine Partnerschaft an: "Trotz mancher guter und erfolgreicher Bemühungen gibt es viel zu tun, und wir sind bereit mitzugestalten und zu inspirieren". Sicherheitskonferenzen sollen laut Landrat künftig regelmäßig abgehalten, neuralgische Punkte angesprochen, Vor- und Nachteile, Kosten und Effizienz erprobter Gegenmaßnahmen dabei erörtert werden. Angestrebt wird ein vernetztes Präventionskonzept. Darum soll es beim nächsten Treffen im Frühjahr gehen, wenn die Kriminalitäts- und Unfallstatistik 2004 vorliegt.

Im Landratsamt stellte Helmut Biegi, der Leiter der Polizeidirektion Darmstadt-Dieburg, nun erst einmal die Sicherheitsanalyse 2003 vor. Nach seinen Worten ist die Zahl der Verkehrsunfälle seit Jahren rückläufig. Bedenklich dabei allerdings: Bei einem Drittel der rund 4500 Unfälle machten sich die Verursacher aus dem Staub. Hier und ebenso beispielsweise bei Vandalismus und Graffiti wäre es hilfreich, auch im Interesse der Geschädigten, wenn mehr Zeugen die Courage besäßen, ihre Beobachtungen mitzuteilen. Dies untermauerte Biegi auch mit der Erklärung, dass nur rund fünf Prozent der Straftaten allein aufgrund polizeilicher Recherchen aufgeklärt würden, in den übrigen Fällen brächten die Anzeigenerstatter selbst oder Zeugen die Ermittler auf die Spur der Täter. Im Landkreis wurden im vergangenen Jahr rund 13.000 Straftaten registriert, die Aufklärungsquote lag bei 43 Prozent. Ein teilweise starker Anstieg ist bei Rohheitsdelikten (Körperverletzung, Bedrohung, häusliche Gewalt u.a.), bei Diebstählen, Sachbeschädigungen sowie Vermögens- und Fälschungsdelikten (Scheckkartenbetrug und bei elektronischen Versteigerungen) festzustellen.

Die Statistik spiegelt jedoch nur einen Teil der Wirklichkeit wider; Auf und Ab von Fallzahlen hängen auch von der Verfolgungsintensität ab. So kann laut Biegi jedes neue "interessante" Geschäft die Zahl Ladendiebstähle hochschnellen lassen. Zum Beispiel seien allein am Eröffnungstag eines Großmarktes hundert Anzeigen eingegangen. Das Thema Gewalt an Schulen sei früher weitgehend totgeschwiegen worden, heute spreche man eher darüber. Von der Vergleich zu Großstädten verhältnismäßig geringen Zahl von 343 Drogendelikten und 165 folgenlosen Drogenfahrten dürfe man sich nicht täuschen lassen: "Handel, Konsum und Eigentumsdelikte als ‚Begleiterscheinung‘ gibt es überall, auch in den kleinen Gemeinden im Landkreis." Polizei-Vizepräsident Desch räumte ein, dass vordergründig Rechtsradikalismus im Kreis keine Rolle spiele. "Dennoch müssen wir uns der Frage offen und offensiv widmen."

Im Landkreis bestehen bereits verschiedene Projekte, die der Sicherheit und Prävention dienen. In Babenhausen, Groß-Zimmern, Reinheim, Seeheim-Jugenheim und Griesheim etwa hat die Polizei einen "Besonderen Bezirksdienst" eingerichtet, den Schutzmann vor Ort. Der "Vertrauenspolizist" werde von der Bevölkerung sehr gut angenommen, bestätigten Sprecher der Gemeinden. Sehr erfolgreich läuft auch, beispielsweise in Griesheim und Weiterstadt, das Modell "freiwilliger Polizeidienst". Seit engagierte Bürger Patrouillen gehen, wird etwa auf Spielplätzen deutlich weniger zerstört oder Dreck hinterlassen. Der Einsatz von Kindergartencop, Jugendkoordinator, Ausländer- und Schulbeauftragten der Polizei, die Schulsozialarbeit des Kreisjugendamts, Projekte wie "Ringmaster" oder "Wachsamer Nachbar" sind weitere Ansätze, Kriminalität und Fehlentwicklungen entgegenzuwirken. Durch den Erfahrungsaustausch der beteiligten Institutionen soll das Sicherheitsnetz im Kreis noch dichter gewoben werden.

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