Presse-Archiv 2005

Gesetzesänderung verpflichtet zu neuen Konzepten in der Tagespflege

Mehr Qualität bei der Kinderbetreuung

02.03.2005

Darmstadt-Dieburg - Das seit dem 1. Januar dieses Jahres gültige Tagesbetreuungsausbaugesetz des Bundes stellt den Landkreis vor eine große Herausforderung. Die neue Regelung verpflichtet den Landkreis als örtlichen Träger der Jugendhilfe, bedarfsgerecht Plätze für Kleinstkinder bis zu drei Jahren zu schaffen sowie auch in den Ferien eine Kinderbetreuung sicher zu stellen, wenn die entsprechende Tagesstätte geschlossen ist und Kinder nicht von ihren Eltern betreut werden können. Außerdem muss der finanzielle Aufwand für Tagespflegepersonen neu festgelegt werden. Allerdings war der Kreis bisher nicht untätig. Beispielsweise können freie Träger mit einem Zuschuss von 7500 Euro für eine Erstausstattung rechnen, wenn sie eine neue Krabbelstube einrichten. Außerdem hat der Kreis allein im vergangenen Jahr rund 65 000 Euro an den Hausfrauenbund für das Betreiben einer Stelle zur Tageselternvermittlung überwiesen. Nicht zuletzt wurden 20 000 Euro im Rahmen des Kreis-Fortbildungsprogramms für die Schulung von Erzieherinnen aufgewendet.

Schon jetzt ist laut Erster Kreisbeigeordneter Celine Fries abzusehen, dass das geänderte Paragrafenwerk gravierende Auswirkungen haben wird. Gemäß der Vorgabe, dass eine Tagesstätte die Entwicklung des Kindes zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit fördern, die Erziehung und Bildung in der Familie unterstützen und den Eltern die Chance gegeben werden soll, Erwerbstätigkeit und Kindererziehung unter einen Hut zu bringen, müssen die Ziele und Qualitätsparameter der Arbeit neu definiert werden. Die Bundesregierung geht davon aus, dass 20 Prozent der Plätze für unter Dreijährige bereit stehen. Für Darmstadt-Dieburg bedeutet dies rund 1500 Plätze, aktuell steht rund ein Drittel zur Verfügung. Der Landkreis ist zwar fast flächendeckend mit Tagespflegen und Krippen versorgt, allerdings arbeiten einige Einrichtungen nicht bedarfsgerecht und müssen sich auch inhaltlich steigenden pädagogischen Anforderungen stellen. Beispielsweise fehlen am Elternwunsch orientierte Öffnungszeiten, differenzierte Angebote im Bildungsbereich oder, wie seit dem 1. Januar gefordert, ein Angebot in den Ferien.

Vor dem Hintergrund, dass im grundsätzlich "jungen" Landkreis die Geburtenzahlen in den Vergleichsjahren 2003 und 2004 um 3,5 Prozent gefallen sind, gewinnen verbesserte und am Bedarf ausgelegte Qualitätsstandards immer mehr Bedeutung. "Das Gesetz ist notwendig, um gesamtgesellschaftlichen Entwicklungen Rechnung zu tragen", sagt Erste Kreisbeigeordnete Fries. Man wolle Eltern bei der Familienplanung die Sicherheit geben, dass ihr Kind bestens betreut und gefördert wird und sie damit gleichzeitig ermuntern, vielleicht auch zwei oder drei Kinder einzuplanen. Gleichzeitig weist die Jugenddezernentin darauf hin, dass diese Aufgabe vom Landkreis alleine nicht umgesetzt werden kann. "Da müssen wir die Städte und Gemeinden mit ins Boot nehmen", so Fries.

Kreisjugendamtsleiter Otto Weber sieht vier Vorgaben, damit das Ziel erreicht wird. Die Kindertagesstätten müssen zur Sicherstellung der Qualität neue Konzepte erarbeiten beziehungsweise bestehende aktualisieren und ihre Arbeit ständig bewerten. Die Kommunikation und Kooperation zwischen Fachkräften und Eltern muss stimmen, die Angebote sind am Bedarf auszurichten und die gemeinsame Förderung von Kindern mit und ohne Behinderung ist zu gewährleisten. Da das Gesetz eine Übergangsfrist einräumt, sollen die Vorgaben bis 2010 erfüllt sein. Das jährliche Festlegen von Ausbaustufen, die kontinuierliche Bedarfsermittlung und die ständige Kontrolle des Ist-Zustands gemeinsam mit den Kommunen ist erforderlich, um diese Übergangsregelung in Kraft zu setzen.

Nach oben korrigiert werden muss der finanzielle Aufwand des Kreises für Tagespflegepersonen. Das Jugendamt muss in Fällen eintreten wie zum Beispiel bei einer allein erziehenden Mutter, die trotz Berufstätigkeit nicht über ausreichende Einkünfte verfügt. Bei einer wöchentlichen Betreuungszeit von 40 Stunden betragen die Leistungen momentan für Kinder bis zum siebten Lebensjahr 341 Euro, für Kinder bis 14 Jahre 377 Euro. Da fachliche Anforderungen an Tagespflegepersonen höher geschraubt werden und außerdem zusätzliche Kosten wie für die Übernahme von Beiträgen für die Unfall- und Alterssicherung entstehen, kommen zusätzliche Ausgaben auf den Kreis zu. Erste Kreisbeigeordnete Celine Fries hat in diesem Zusammenhang den Hessischen Landkreistag angeschrieben mit dem Vorschlag, hessenweit eine einheitliche Regelung zu schaffen.

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