Presse-Archiv 2005

Folgen der Arbeitsmarktreform werden deutlicher sichtbar

Mehr Hartz-Kunden, höhere Unterkunftskosten

07.03.2005

Darmstadt-Dieburg, Früher als erwartet, legt die Kreisagentur für Beschäftigugn (KfB) den ersten Nachtragswirtschaftsplan vor. Wesentliche Daten, die anfangs nur grob geschätzt werden konnten, haben sich inzwischen konkretisiert - mit gravierenden finanziellen Auswirkungen. Nicht 6.500, wie prognostiziert, sondern voraussichtlich rund 7.250 Bedarfsgemeinschaften fallen demnach in die Zuständigkeit des neuen Hartz-Zentrums in der Rheinstraße in Darmstadt.

Sowohl die Zahl der arbeitsfähigen Sozialhilfeempfänger als auch die Zahl der Arbeitslosen, die die Kreisagentur bis Mitte des Jahres von der Bundesagentur übernimmt, ist höher als erwartet. Deutlich über den Schätzungen bewegen sich auch die Unterkunftskosten. Basierend auf den Erfahrungswerten des Sozialamtes war man von 485 Euro je Fall ausgegangen, tatsächlich aber liegt der durchschnittliche Aufwand bei 520 Euro. Laut KfB-Leiterin Rosemarie Lück spielen dabei vor allem hohe Mietkosten von rund 400 Flüchtlingsfamilien eine Rolle, die teilweise in Gemeinschaftsunterkünften leben und zumeist wegen ihres Kinderreichtums viel Platz benötigen. Auch einige der bisher von der Arbeitsagentur betreuten Klienten verfügten über überdurchschnittlich teure Wohnungen. Man werde sich in nächster Zeit genauer anschauen, in welchen Fällen Mietkosten als unangemessen hoch einzustufen seien und ob mit angemessenem Aufwand (Kaution, Umzug) ein Wohnungswechsel herbeizuführen ist.

In der Gesamtrechnung schlagen die jüngsten Zahlen mächtig zu Buche. Allein die Unterkunftskosten steigen von 37 um 7,4 auf 44,4 Millionen Euro. Davon hat der Bund - voraussichtlich - 12,9 Millionen, der Kreis die verbleibenden 31,5 Millionen Euro zu übernehmen. Berücksichtigt man den durch die Arbeitsmarktreform bewirkten Einspareffekt bei der Sozialhilfe, entsteht dem Landkreis durch die Kommunalisierung der Unterkunftskosten eine Zusatzbelastung von mehr als acht Millionen Euro, die das Defizit im Kreishaushalt vergrößert und die Eigenkapitalquote schmälert. "Da sieht man, wie durch staatliche Aufgaben kommunales Vermögen aufgezehrt wird", betont Landrat Alfred Jakoubek. Bereits im August vergangenen Jahres, als der Haupt- und Finanzausschuss über die Bewerbung als "Optionskreis" entschied, hatte Jakoubek in einem "Worst-Case-Szenario" von bis zu zehn Millionen Euro Mehrbelastung gesprochen. Seine düstere Vorahnung bewahrheitet sich jetzt. Andernorts ist die Situation ähnlich wie in Darmstadt-Dieburg. Die Entwicklung trifft in ganz Deutschland Optionskommunen ebenso wie Kreise und Städte, die sich gemeinsam mit der Arbeitsagentur um ALG II-Empfänger kümmern. Vor diesem Hintergrund zeigt Landrat Alfred Jakoubek Unverständnis für gegenteilige Behauptungen des Bundeswirtschaftsministers, der den Bundesanteil gar von 29,1 auf 4,5 Prozent reduzieren will. Zurzeit laufen dazu in Berlin so genannte Revisionsgespräche, an denen auch der Deutsche Landkreistag - wie Jakoubek als Vizepräsident mitteilt - beteiligt ist.

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