Presse-Archiv 2005

Kreisausschuss verhängt Haushaltssperre - Klage als Hilfeschrei

Statt großer Brocken viele Schnitte

20.06.2005

Darmstadt-Dieburg - Mit einer Haushaltssperre quer durch die Ressorts will der Kreisausschuss die geplanten Ausgaben für das laufende Jahr um annähernd drei Millionen Euro verringern. Das Regierungspräsidium hatte in seiner Haushaltsgenehmigung Einsparungen in Höhe von mindestens 2,2 Millionen Euro gefordert, was einem Prozent Kreisumlage entspricht. "Es gibt keine großen Brocken mehr zum Streichen, wir können nur noch an vielen verschiedenen Stellen versuchen, etwas abzuknapsen", betont Landrat Alfred Jakoubek. Er weist darauf hin, dass bereits im ersten Nachtragswirtschaftsplan die Aufwendungen um fast vier Millionen Euro reduziert worden seien. Die jüngsten Sparvorgaben bedeuteten für die Abteilungen schmerzliche Einschnitte und könnten nur mit erheblichen Anstrengungen umgesetzt werden. Abstriche bei gewohnten Leistungsstandards seien nicht auszuschließen.

Mit bis zu drei Prozent weniger müssen die Ämter der Kreisverwaltung auskommen. Dadurch fehlen beispielsweise dem Sozialamt eine Million, dem Jugendamt 800.000, der Schulverwaltung 250.000, der Bauunterhaltung 226.000 Euro. Scheinbar klein, aber im Verhältnis ebenso hart sind die Schnitte an anderen Stellen, etwa beim Senioren- und beim Frauenbüro, wo 7.500 und 5.000 Euro gekappt wurden. Ob die Ausgaben unter der Latte bleiben, hängt, wie der Landrat einräumt, freilich von der Entwicklung der Fallzahlen und möglichen "Inponderabilien" ab.

Jakoubek weist darauf hin, dass der Landkreis in den vergangenen beiden Jahren heftige Belastungen zu verkraften hatte. Als wesentliche "Kostentreiber" bezeichnet er die Sozial- und Jugendhilfe mit zusammen fast 14 Millionen Euro, die damals neue Grundsicherung im Alter mit mehr als fünf Millionen sowie die Bauverwaltung mit fast acht Millionen Euro. Gleichzeitig habe man sich um Einsparungen bemüht und beispielsweise seit 2002 die Ausgaben für die Unterbringung von Flüchtlingen um rund 1,4 Millionen sowie für Hochbau und Bauunterhaltung gegenüber 2004 um 3,65 Millionen reduziert.

Als Grundübel bezeichnet der Landrat Leistungsgesetze von Land und Bund, die zu gravierenden finanziellen Verwerfungen führten. "Es kann nicht sein, dass die Defizite der Kreise ständig steigen und die Gemeinden das Geld dafür auf den Tisch legen müssen", so der Landrat. "Ich wehre mich dagegen, diesen Kampf jedes Jahr aufs neue auf örtlicher Ebene auszutragen." Der Hessische Landkreistag, dem Alfred Jakoubek als Präsident vorsteht, bereitet eine Klage beim Staatsgerichtshof vor, um eine Neuregelung des Kommunalen Finanzausgleichs zugunsten einer soliden Ausstattung der Kreise zu erzwingen: "Das ist ein Hilfeschrei". Laut Jakoubek wird das Gesamtdefizit der 21 hessischen Landkreise zum Jahresende voraussichtlich die Rekordsumme von einer Milliarde Euro erreichen. Dies verdeutliche die strukturelle Unterfinanzierung der Landkreise. "Wenn daran nichts geändert wird, steigt das Defizit jährlich um weitere 400 Millionen Euro", warnt Jakoubek. Zusammen mit dem Land müssten Mittel und Wege gefunden werden, der katastrophalen Situation Einhalt zu gebieten. Nüchterne Erkenntnis des Verwaltungschefs: "Es ist eine Illusion zu glauben, wir könnten die Probleme aus eigener Kraft lösen."

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