Presse-Archiv 2005

Landrat lehnt Rückzahlung der Mieten von Langzeitarbeitslosen ab

Bund will Millionen zurück

07.10.2005

Darmstadt-Dieburg - Als volle Breitseite gegen die Kommunen kritisiert Landrat Alfred Jakoubek den Beschluss des noch amtierenden Kabinetts, den Bundeszuschuss zu den Unterkunftskosten von Langzeitarbeitslosen rückwirkend zu streichen. Als Vizepräsident des Deutschen Landkreistags werde er dafür kämpfen, dass diese Entscheidung nicht zum Tragen kommt. Entweder das neue Kabinett oder der Bundesrat müsse das Gesetz verhindern, fordert der kommunale Spitzenverband.

Ein Rückzug des Bundes aus der Finanzierung der Wohnungsmieten von Beziehern des Arbeitslosengelds II (ALG II) hätte für den Landkreis Darmstadt-Dieburg dramatische Folgen. Die Unterkunftskosten der gut 8.000 Bedarfsgemeinschaften sind mit annähernd 40 Millionen Euro kalkuliert. Fällt der zugesagte Bundeszuschuss von 29,1 Prozent weg, würden der Kreisagentur für Beschäftigung rund 11,6 Millionen Euro fehlen. Die Lücke füllen müsste der Landkreis - bei ohnehin äußerst angespannter Haushaltssituation. Die Bundesmittel waren fest einkalkuliert. Zum verabredeten Revisionstermin 1. Oktober, an dem Prognose und Realität gegenübergestellt werden sollten, hatte Jakoubek auf jeden Fall mindestens die Beibehaltung des Bundesanteils erwartet, nicht jedoch einen Totalausfall. Entsprechend überraschend kommt nun die Ankündigung aus Berlin, dass der bereits überwiesene Teilbetrag von sieben Millionen Euro zurückgezahlt werden müsse und der Zuschuss für dieses und das kommende Jahr "auf Null gestellt" werde. Die Argumentation von Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement bezeichnet Landrat Jakoubek als höchst fragwürdig. Clement behauptet, dass die Kommunen durch Hartz IV entlastet würden. Das Gegenteil sei der Fall, so Jakoubek. Bei den Unterkunftskosten rechne Berlin mit nicht nachvollziehbaren Zahlen. Dort geht man von monatlich 274,22 Euro pro Bedarfsgemeinschaft aus - wie der Landrat kritisiert, ohne unterschiedliche Mietniveaus in Ballungsräumen und ländlichen Gebieten zu berücksichtigen. Im Landkreis Darmstadt-Dieburg bewegen sich die Kosten für Wohnung und Nebenkosten zwischen 430 und 485 Euro je Bedarfsgemeinschaft. Als Bemessungsgrundlage dienen dabei Höchstmieten nach dem Wohngeldgesetz, das sind beispielsweise für Alleinstehende 357,50 Euro (inklusive Nebenkosten, ohne Heizung) und 599,50 Euro für eine Familie mit zwei Kindern. Leben ALG II-Bezieher in einer teureren Wohnung, wird die Miete maximal ein halbes Jahr bezahlt; dann müssen sie entweder umziehen oder den über der Grenze liegenden Betrag selbst aufbringen. 47 Langzeitarbeitslose hat diese Regelung bisher zum Wohnungswechsel veranlasst. Um möglichem Missbrauch vorzubeugen, nimmt ein Außendienst der Kreisagentur zunehmend Kontrollen vor.

In anderen Optionskommunen stelle sich die Lage ähnlich dar, betont Jakoubek und kündigt an, dass "wir uns mit aller Vehemenz gegen die ungerechtfertigte Mittelstreichung zur Wehr setzen".

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