Presse-Archiv 2005

Mit Kraftfutter aufgepäppelt - "Keift schon wieder"

Fledermaus strandet in Hochhaus

29.11.2005

Knapp dem Tod entronnen: eine verirrte Zweifarbfledermaus

Weiterstadt - Den Irrflug in ein Weiterstädter Hochhaus auf der Flucht vor der Kälte hat eine winzige Fledermaus nur knappüberlebt. Die Hausmeisterin fand das geschwächte Tier regungslos an der Treppenhauswand im zehnten Stock klammernd und alarmierte eine auf solche Notfälle spezialisierte Expertin. In deren Obhut kommt der auf acht Gramm abgemagerte Patient allmählich wieder zu Kräften, freut sich Karsten Heinrich, Artenschutzfachmann im Landratsamt. Nach drei Tagen Intensivbehandlung mit Nährflüssigkeit aus der Pipette im zwei Stunden-Rhythmus kann der Findling inzwischen schon feste Kost in Form von Mehlkäferlarven zu sich nehmen und "Speck" ansetzen. Immerhin zeigt die Waage nach einer Woche Pflege zwölf Gramm Körpergewicht an, und die für den normalerweise bis März dauernden Winterschlaf so nötigen Fettpolster zwischen den Schulterblättern sind bereits einigermaßen aufgefüllt. Ein weiteres Anzeichen des Genesungsfortschritts: Das nur fünf Zentimeter kleine Säugetier zetert schon wieder, wenn es sich gestört fühlt, ganz wie es seiner Art eigen ist.

Der Fund ist etwas ganz Außergewöhnliches für hiesige Breiten und die Jahreszeit. Es handelt sich um eine Zweifarbfledermaus (wissenschaftlich vespertilio murinus), die am auffallend schwarzbraunen Fell, silberweißen Spitzen am Rücken und einem weißgrauen Bauch zu erkennen ist. Sie gilt als stark gefährdet, ist in der Region bisher kaum gesichtet worden; in Weiterstadt jetzt zum ersten Mal. Diese Fledermausart legt lange Strecken - bis zu 1500 Kilometer - auf dem Weg vom Sommer- zum Winterquartier zurück. Vermutlich wurde der kleine Flieger vom plötzlichen Kälteeinbruch überrascht, suchte Schutz und hielt wohl, als Felsspaltenbewohner steinerne Refugien gewohnt, das Hochhaus für geeignet. Dort flatterte das Tier mehrere Tage orientierungslos und ohne Nahrung  umher, fand aber, obwohl Personal absichtlich nachts Fenster offen stehen ließ, nicht mehr hinaus. Nach erfolgreicher Rettung soll es in ein paar Tagen an einem geheimen, seinen Ansprüchen entsprechenden Ort frei gelassen werden. Möglicherweise bleibt es nicht der einzige Notfall in der Wintersaison. "Wird eine verirrte Fledermaus entdeckt, ist rasche Hilfe lebensrettend", betonen Karsten Heinrich und Fledermaus-Fachfrau Ruth Mässing-Blauert. Finder brauchen keine Angst zu haben: Die Flugsauger sind ungefährlich. Der "Fledermaus-Rettungsdienst" für den Landkreis ist unter den Rufnummern 06151/881 2219 (Heinrich) und 06151/41868 (Mässing-Blauert) erreichbar.

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