Presse-Archiv 2009

Rürup sieht den Landkreis gut aufgestellt

26.03.2009

Darmstadt-Dieburg – Rund 150 Akteure aus Politik, Wirtschaft, Verwaltung sowie Bürgerinnen und Bürger aus dem Landkreis waren der Einladung von Landrat Alfred Jakoubek und dem Verein Standortmarketing Darmstadt-Dieburg e.V. zum dritten Dialogforum des Landkreises gefolgt. Landrat Jakoubek stellte dar, dass die Finanz- und Wirtschaftskrise große Unsicherheiten bei den Unternehmen und in der Bevölkerung auslösen. Mit Investitionsprogrammen versuchten Bund und Länder nun, der Wirtschaftskrise wenigstens die Spitze zu nehmen. Er wies darauf hin, dass dem Landkreis 54 Millionen Euro aus den Sonderinvestitionsprogrammen zur Verfügung stehen, die überwiegend für die Sanierung von Schulen eingesetzt werden. „75 Prozent des Auftragsvolumens werden wir an Betriebe in der Region vergeben können“, so die Einschätzung von Jakoubek.

Wirtschaftsexperte Prof. Bert Rürup machte in seinem Vortrag deutlich, dass es sich dabei um die schärfste Rezession seit der Weltwirtschaftkrise von 1929 handele und zeigte auf, dass eine Reihe von Ursachen ineinander gegriffen haben. Von der Zinspolitik in den USA über eine laxe Bonitätsprüfung bei der Kreditvergabe und der Überbewertung von „schlechten“ Aktien und Wertpapieren bis hin zu einer unzureichenden Solvenzprüfung durch Gläubiger, seien Schuldige an verschiedenen Stellen auszumachen. Trotz der Krise historischen Ausmaßes, sprach Prof. Rürup der Politik ein Kompliment aus. „Für diese Situation gab es kein Handbuch, niemand konnte auf Erfahrungen zurückgreifen. Die Staaten haben genau richtig reagiert“, betonte Rürup. Mit dem raschen Aufspannen eines Schutzschirms für die Banken konnte ein Kollaps verhindert werden. Insgesamt haben die europäischen Staaten 1,9 Billionen Euro für verschiedene Maßnahmen bereitgestellt, das sind 20 Prozent des europäischen Bruttoinlandsproduktes.

Die Krise hat Deutschland erwischt, als das Wirtschaftwachstum wieder ein relativ hohes Niveau erreicht hatte. Dennoch gehört es zu den Ländern, die von der Wirtschaftskrise am härtesten getroffen werden, stellte Rürup dar. Exporte waren der wichtigste Faktor für positive wirtschaftliche Entwicklung und dabei vor allem der Handel mit Autos. Dieser bleibt nun aus.

„Auch wenn die Krise derzeit noch relativ unauffällig ist, wird sie schon bald spürbar sein“, so Rürup. Bereits jetzt seien Auftragsrückgänge zu verbuchen. Das werde sich auf den Arbeitsmarkt auswirken. Gegen Ende des Jahres rechnet Rürup mit 4 Millionen Arbeitslosen.

„Wir werden Mitte 2009 die Bodenbildung erreicht haben“, prognostizierte Rürup, danach sei wieder mit einem Aufschwung zu rechnen. Die deutschen Konjunkturpakete, die insgesamt ein Volumen von 760 Milliarden Euro umfassen, werden seiner Ansicht nach in der zweiten Jahreshälfte greifen und für Wirtschaftswachstum sorgen. Er bedauerte jedoch, dass es kein gemeinsames, international koordiniertes Vorgehen gegeben habe. Denn gezielte Konjunkturanreize aus dem Ausland hätten die Wachstumssteigerung in Deutschland verdoppeln können.

Dennoch ist Rürup der Ansicht, dass Deutschland gestärkt aus der Krise hervorgehen wird. In Deutschland werde es zukünftig weniger Fremdkapitalanteile geben, das Land werde für Investoren steuerlich attraktiver werden und Deutschland werde zu den Ländern unter den Industrienationen gehören, die den größten Anteil der wieder ansteigenden Wertschöpfung verbuchen können, sagte Rürup voraus. „Wenn die Konjunktur wieder anzieht, wird Deutschland als erstes profitieren“, so Rürup.

Zu einer Frage aus dem Publikum, wie er die Abwrackprämie bewerte, sagte Rürup, das sei ein „warmer Regen“ für den Handel, der nicht schade. Wie mit Opel verfahren werden solle, lautete eine andere Frage. Opel zu verstaatlichen sei keine Lösung, so Rürup. Der Staat solle jedoch so lange helfen, bis der Markt funktioniert und sich ein privater Investor findet. Er stellte dar, dass die Automobilindustrie zu den Schlüsselindustrien in Deutschland gehöre. „Ich bin dafür, dass in Rüsselsheim Autos gebaut werden, aber es muss nicht Opel sein“, so Rürup.

Mit welchen Auswirkungen der Landkreis zu rechnen habe, wollte ein weiterer Zuhörer wissen. „Der Landkreis befindet sich in einer Gegend der Glückseligen. Sie sind gut aufgestellt. Sie leiden auf hohem Niveau“, antwortete Rürup. Landrat Alfred Jakoubek wies darauf hin, dass die Herausforderung für die Landkreise und die Kommunen schon in wenigen Jahren darin bestehe, in Folge der Investitionsprogramme ihre Haushalte zu konsolidieren. Darauf müsse man sich rechtzeitig einstellen, so Jakoubek.

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