Mit bunten Steinen Barrieren überwinden

Das Projekt der Lego-Rampen jetzt auch in Dieburg

Ein wichtiger Teil von Inklusion ist die Beseitigung von Barrieren. Allen Menschen muss der Zugang zu öffentlichen Räumen ermöglicht werden, wie zum Beispiel Geschäften, Nahverkehr, Restaurants, Behörden und Arztpraxen. Neben den physischen gibt es auch digitale Barrieren, die wir in unserem Vielfalt-Newsletter 2020 bereits beschrieben hatten. Zur Barrierefreiheit im Straßenbild gehören beispielsweise akustische und optische Signalanlagen für hör- oder sehbehinderte Fußgängerinnen und Fußgänger und befahrbare Rampen an Schwellen, die mit einem Rollstuhl nicht überwunden werden können.
Nur durch die geeignete Infrastruktur kann gewährleistet werden, dass behinderte Menschen die Möglichkeit haben, auch mit ihren individuellen Einschränkungen selbstständig am öffentlichen Leben teilzunehmen. 

Um die Teilhabe gehbehinderter Menschen am alltäglichen Leben zu fördern, entstand aus diesem Grund eine kreative Idee – die Legorampe. Inspiriert durch Beispiele aus anderen Städten wurde in Hanau Rita Ebel aktiv, die als selbsternannte „Lego-Oma“ schon über 20 Legorampen gebaut hat.

Die noch amtierende Behindertenbeauftragte der Stadt Dieburg,  Eva Rosenau, begeisterte sich für die Idee, sodass im Herbst 2020 das Legorampen-Projekt in Dieburg startete. Tatkräftig unterstützt wurde sie hierbei von Tamara Wölfelschneider, Studentin der Evangelischen Hochschule in Darmstadt, sowie freiwilligen Helferinnen und Helfern, die dem Aufruf zum Mitbauen gefolgt sind.
Eine Anschubfinanzierung der Stadt Dieburg, private Sachspenden wie Legosteine und Geldspenden zum Kauf von Materialien machen das Projekt möglich. Die Rampen werden nach Anleitung gebaut und überschreiten nicht den maximalen Steigungswinkel, den die DIN-Norm vorgibt.
Die DIN 18040 regelt als Leitfaden die Bauart von Rollstuhlrampen, damit diese sicher befahrbar und begehbar sind.

Allerdings befinden sich die Rampen meistens nicht dauerhaft an Ort und Stelle, sondern sind mobil und werden nur auf Anfrage vor die Schwelle gelegt. Die Rampen nur bei Bedarf hinzulegen, wird jedoch nicht von allen begrüßt. Tamara Wölfelschneider und Eva Rosenau betonen, dass sie sich wünschen, dass die Legorampen während der Öffnungszeiten liegen bleiben, wie aktuell beim Hörgeräteladen in Dieburg. Schließlich sollen sie in der Öffentlichkeit präsent sein und auffallen, um auf das Thema Barrierefreiheit aufmerksam zu machen.
Auch Michael Müller, Behindertenbeauftragter für barrierefreies Bauen und Mobilität des „Clubs der Behinderten und ihrer Freunde“ aus Darmstadt, bewertet das Hin- und Weglegen kritisch. Denn so können die behinderten Personen weiterhin nicht selbstständig die jeweiligen Räume betreten, sondern sind immer noch auf Hilfe angewiesen. Ohne diese Selbstständigkeit ist der Inklusionsgedanke jedoch nicht vollständig verwirklicht.

Sicher wäre es wünschenswert, dass die selbstgebauten Rampen gar nicht erst benötigt würden, doch alle Mitwirkenden sind sich einig, dass insgesamt nicht ausreichend auf Barrierefreiheit geachtet wird. So weist etwa Michael Müller darauf hin, dass schwellenlose Zugänge in den Innenstädten von politischer Seite aus umgesetzt werden sollten.  Solange die Infrastruktur jedoch nicht barrierefrei ist, sind ehrenamtliche Ideen wie die Legorampen ein wichtiger Beitrag, um die Gesellschaft barrierefreier und damit inklusiver zu gestalten.

Den gesamten VIELFALT-Newsletter Ausgabe Januar 2021 finden Sie hier.

Die Legobauerinnen bei der Arbeit
Kisten mit Legosteinen