Eingliederungshilfe für Kinder und Jugendliche

Eine Jugendliche mit Downsyndrom und eine junge Frau blicken gemeinsam auf einen Laptopbildschirm..

Kinder und Jugendliche mit (drohender) Behinderung sollen gleichberechtigt am gesellschaftlichen Leben teilhaben können und eine bestmögliche Entwicklung erfahren. Bevor ein Antrag auf Eingliederungshilfe gestellt wird, ist es wichtig, bestehende Barrieren im Umfeld des Kindes zu erkennen und nach Möglichkeit zu beseitigen. 

Barrieren im Umfeld abbauen

Zunächst sollten Eltern, pädagogische Fachkräfte und andere Beteiligte die Umgebung des Kindes genau analysieren: Gibt es Hindernisse in Schule oder Kindergarten, die seine Teilhabe erschweren? Oft lassen sich bereits durch Anpassungen im Schulalltag oder durch Sensibilisierung der Verantwortlichen Lösungen finden - sei es durch barrierefreie Zugänge, individuelle Förderangebote oder eine offenere Haltung gegenüber Inklusion. 

Beratung als erster Schritt

Beratungsstellen bieten wertvolle Unterstützung bei der Klärung der Bedürfnisse des Kindes und der möglichen Maßnahmen. Hier erhalten Eltern Informationen über alternative Unterstützungsmöglichkeiten, sodass die bestmögliche Lösung für das Kind gefunden wird. 

Antragstellung

Ist das Umfeld geprüft, die Beratung erfolgt und sind Fördermöglichkeiten ausgeschöpft, kann ein Antrag auf Eingliederungshilfe gestellt werden. So wird sichergestellt, dass die Unterstützung gezielt dort ansetzt, wo das Kind sie wirklich benötigt, anstatt direkt zu bürokratischen Maßnahmen zu greifen.

Eine durchdachte Herangehensweise und der Fokus auf die unmittelbare Umgebung des Kindes tragen dazu bei, dass Eingliederungshilfe nicht nur ein Verwaltungsakt bleibt, sondern eine echte Verbesserung für die Teilhabe des Kindes bewirkt. 

Antragstellung

Sind alle anderen Maßnahmen im Umfeld des Kindes ausgeschöpft, stellen Sie bitte einen Antrag auf Eingliederungshilfe. Im Rahmen der Bedarfsermittlung fordert die Teilhabeplanung gegebenenfalls eine weitergehende Diagnostik oder Berichte von Kindergarten oder Schule an. Anschließend werden die Teilhabeziele und die zu ihrer Erreichung erforderlichen Maßnahmen festgelegt.
 


Bedarfsermittlung

Die Teilhabeplanerinnen und Teilhabeplaner der Eingliederungshilfe führen eine Gesamtplanung für das Kind durch. Dabei ist gesetzlich der Einsatz eines Instrumentes mit ICF-Orientierung Infobox: ICF
= International Classification of Functioning, Disability and Health = Internationale Klassifikation der Funktions­fähig­keit, Behinderung und Gesundheit
vorgeschrieben. Im Landkreis Darmstadt-Dieburg kommt das Bedarfsermittlungsinstrument B.E.Ni. Infobox: B.E.Ni.
= Bedarfs-Ermittlung Niedersachsen
zum Einsatz.



ICF ist die Abkürzung für International Classification of Functioning, Disability and Health und meint die Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesund­heit. Sie wurde von der Welt­gesundheits­organisation (WHO) erstellt. Zweck ist eine einheitliche Beschreibung

  • des funktionalen Gesundheitszustandes,
  • der Behinderung,
  • der sozialen Beeinträchtigung sowie
  • der relevanten Umweltfaktoren von Menschen.

Wichtigstes Ziel der ICF-Klassifikation ist es, eine gemeinsame Sprache zur Beschrei­bung der funk­tio­na­len Gesund­heit zur Ver­fü­gung zu stellen. So soll die Kommunikation zwischen Fach­leuten im Gesundheits- und Sozialwesen (insbesondere in der Reha­bi­li­ta­tion) sowie den beeinträchtigten Menschen verbessert werden.




Die ICF-CY leitet sich aus der Internationalen Klassifikation der Funktions­fähig­keit, Behin­de­rung und Gesund­heit (ICF) ab. Der Zusatz CY steht für Children and Youth, also für Kinder und Jugendliche.

Die Klassifikation wurde im Jahr 2007 entworfen, um die Be­son­der­heiten des sich ent­wickeln­den Kindes (0 - 18 Jahre) und die Einflüsse seiner Umwelt aufzuzeigen. Sie ermöglicht die Beschreibung von Schädigungen, Verzögerungen oder ungewöhnlichen Entwicklungen, die für die spätere körperliche Funktionsfähigkeit, Aktivität und soziale Teilhabe prägend sind.


Unterschied zwischen ICF-CY and ICD-10

Die ICD-10 ist die 10. Version der Internationalen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme. Sie enthält Codes für Krankheiten, Anzeichen und Symptome, auffällige Befunde, Beschwerden, soziale Umstände und äußere Ursachen von Verletzungen und Krankheiten. Das zugrunde liegende biomedizinische Modell beschäftigt sich mit der Frage "Was fehlt dem Kind?" (Diagnose).

Die ICF-CY hingegen basiert auf einem ressourcenorientierten Ansatz. Die zentrale Frage lautet: "Was macht das Kind handlungsfähig?"

Damit verändert sich die Perspektive auf das Kind. Nicht das Symptom steht im Mittel­punkt, sondern das Interesse des Kindes und seiner Eltern an Lebensbereichen und Aktivitäten, an denen das Kind teilhaben möchte.




Nach ICF wird die Beeinträchtigung der Aktivität und Teilhabe in neun Lebensbereichen beschrieben:

Kapitel Lebensbereiche Aktivitäten und Teilhabe
1 Lernen und Wissensanwendung
z. B. bewusste sinnliche Wahrnehmungen, elementares Lernen, Wissensanwendung
2 Allgemeine Aufgaben und Anforderungen
z. B. Aufgaben übernehmen, die tägliche Routine durchführen, mit Stress und anderen psychischen Anforderungen umgehen
3 Kommunikation
z. B. Kommunizieren als Empfänger oder Sender, Koversation und Gebrauch von Kommunikationsgeräten und -techniken
4 Mobilität
z. B. die Körperposition ändern und aufrecht erhalten, Gegenstände tragen, bewegen und handhaben, gehen und sich fortbewegen, sich mit Transportmitteln fortbewegen
5 Selbstversorgung
z. B. sich waschen, pflegen, an- und auskleiden, die Toilette benutzen, essen, trinken, auf seine Gesundheit achten
6 Häusliches Leben
z. B. Beschaffung von Lebensnotwendigkeiten, Haushaltsaufgaben, Haushaltsgegenstände pflegen und anderen helfen
7 Interpersonelle Interaktion und Beziehungen
z. B. allgemeine interpersonelle Interaktion, besondere interpersonelle Beziehungen
8 Bedeutende Lebensbereiche
z. B. Erziehung / Bildung, Arbeit und Beschäftigung, wirtschaftliches Leben
9 Gemeinschafts-, soziales und staatsbürgerliches Leben
z. B. Gemeinschaftsleben, Erholung und Freizeit, Religion und Spiritualität




Teilhabeplanung

Welche Unterstützung braucht Ihr Kind aufgrund seiner Behinderung, um gut leben, lernen und sich entwickeln zu können? Sind beispielsweise Hilfen im Kindergarten oder in der Schule, bei Therapien, in der Freizeit oder im Alltag zu Hause erforderlich?

Unter Teilhabeplanung versteht man den Prozess, individuelle Unterstützungsmaßnahmen für junge Menschen mit Behinderungen oder mit besonderen Förderbedarfen zu koordinieren. Der Teilhabeplan wird dabei immer wieder überprüft und die Maßnahmen gegebenenfalls angepasst. So ist gewährleistet, dass die Maßnahmen den Bedürfnissen des Kindes gerecht werden und sich der Entwicklung des Kindes anpassen. Eltern und Kinder werden in die Teilhabeplanung einbezogen und können Ihre Wünsche und Vorstellungen äußern.   

 


 

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