Hinweise zur Finanzierung von Gebärdensprachdolmetschereinsätzen für Menschen mit Hör- oder Sprachbehinderung (Regelung für Gebärdensprachdolmetscher)

In vielen Lebenssituationen ist es vorteilhaft beziehungsweise unerlässlich, direkt von Mensch zu Mensch zu kommunizieren, vor allem bei Behördengängen. Trotz aller zur Verfügung stehenden technischen Hilfsmittel, wie beispielsweise Fax und E-Mail, gilt dies auch für Menschen mit einer Höreinschränkung. Für sie ist dies nur dann möglich, wenn eine Person anwesend ist, die die Gebärdensprache beherrscht und für Dolmetscherdienste zur Verfügung steht.

Wer bezahlt diesen Dienst?

Die Möglichkeit einer Kostenübernahme von Gebärdensprachdolmetschereinsätzen ergibt sich je nach Anliegen aus unterschiedlichen Rechtsgrundlagen und gegenüber verschiedenen Beteiligten.

Wird eine gebärdensprachdolmetschende Person im Zusammenhang mit der Ausübung einer Berufs- oder Erwerbstätigkeit benötigt (Arbeitsplatzassistenz), wenden Sie sich bitte an das Integrationsamt des Landeswohlfahrtsverbandes Hessen (LWV) oder an die Agentur für Arbeit.

Sollte wegen eines Arztbesuches ein Gebärdensprachdolmetschereinsatz erforderlich sein, wenden Sie sich bitte an Ihre Krankenkasse, bei Aussagen vor Polizei oder Gericht, bitte direkt an diese Dienststellen.
Bei religiösen Anlässen (Taufe, Trauung, Beerdigung) wenden Sie sich bitte an den jeweils zuständigen Verwaltungsbereich Ihrer Glaubensrichtung (z.B. Evangelische an die DAFEG oder Katholiken an das Bistum Mainz).

Sofern Ihr Anliegen von einem anderen Sozialleistungsträger als der Kreisverwaltung, wie zum Beispiel
• Ihrem Rententräger,
• der Agentur für Arbeit,
• Ihrer Krankenkasse,
• der gesetzlichen Unfallversicherung,
• dem Hessischen Amt für Versorgung und Soziales (Versorgungsamt) oder
• dem Landeswohlfahrtsverband Hessen,
bearbeitet wird, setzen Sie sich bitte mit dieser Stelle wegen der Finanzierung des Gebärdensprachdolmetschereinsatzes in Verbindung.

In Hessen haben hör- oder sprachbehinderte Eltern einen Anspruch auf Erstattung der Kosten, wenn sie zum Beispiel für ein Elterngespräch mit der Tagesmutter ihres Kindes oder für die Teilnahme an einem Elternabend des Kindergartens einen Gebärdensprachedolmetscher benötigen. Das Regierungspräsidium Kassel erstattet auf Antrag die notwendigen Kosten für einen Gebärdensprachedolmetscher oder eine andere Kommunikationshilfe.

Im Bereich Schule haben Eltern mit einer Hör- oder Sprachbehinderung von minderjährigen Kindern und Jugendlichen einen Anspruch auf Unterstützung, zur Wahrnehmung der sich aus dem Schulverhältnis ergebenden Rechte und Pflichten (insbesondere Elternversammlungen, Elterngespräche, Tätigkeit in schulischen Mitwirkungsgremien sowie andere in Umsetzung des gesetzlichen Auftrags von Schulen zu erbringende Informationen und Beratungen). Wenn die Tätigkeit der Schule im Rahmen ihres Bildungs- und Erziehungsauftrag betroffen ist, agieren die Schulen als Einrichtungen des Landes.
Insofern wenden Sie sich bitte an das Staatliche Schulamt für den Landkreis Darmstadt-Dieburg und die Stadt Darmstadt.
Sind hingegen Angelegenheiten des Schulgebäudes und der -anlagen, der Ausstattung, der Schülerfahrkosten etc. betroffen, handeln die Schulen als Einrichtung des kommunalen Schulträgers, insofern ist der Landkreis Darmstadt-Dieburg, Fachbereich Schulservice (schulservice@remove.this.ladadi.de) zuständig.

Für die Finanzierung von Gebärdensprachdolmetschereinsätzen bei der Wahrnehmung eigener Rechte im Verwaltungsverfahren innerhalb der Kreisverwaltung, wenden Sie sich bitte an den jeweils zuständigen Fachbereich.
Beispiel: Wenn bei der Beantragung von Leistungen nach dem SGB II ein Vorsprachetermin erforderlich ist, wenden Sie sich bitte an die Kreisagentur für Beschäftigung; bei Angelegenheiten der Kinder- und Jugendhilfe an das Jugendamt oder wenn in einem Widerspruchsverfahren gegen einen Bescheid der Bauaufsicht ein Termin vor dem Anhörungsausschuss erforderlich ist, an den Fachbereich Bauaufsicht.

Hinweis:
Wir weisen darauf hin, dass ein Anspruch auf Kostenerstattung nur besteht, soweit der Einsatz eines Gebärdensprachdolmetschereinsatzes für dieses Verwaltungsverfahren notwendig ist, also wenn ein Gespräch erforderlich ist, um das Verwaltungsverfahren durchzuführen. Sofern ein schriftliches Verfahren möglich und angemessen ist, kann die Hinzuziehung eines Gebärdensprachdolmetschers als nicht erforderlich angesehen und die Kostenübernahme abgelehnt werden.

Wird aus besonderem Anlass zur Teilhabe am Leben in der Gesellschaft ein Gebärdensprachdolmetschereinsatz erforderlich, ist die Übernahme der Kosten im Rahmen der Sozialen Teilhabe als Leistungen zur Förderung der Verständigung beim Eingliederungshilfeträger zu beantragen.
Ergibt sich der Bedarf in dem Lebensabschnitt nach Vollendung der Schulausbildung und vor Vollendung der Regelaltersgrenze ist der Landeswohlfahrtsverband Hessen zuständig.
Für Bedarfe in den Lebensabschnitten bis zur Beendigung der Schulausbildung ODER erstmals nach Erreichen der individuellen Regelaltersgrenze, ist die Übernahme der Kosten beim Fachbereich Soziales und Teilhabe des Landkreises Darmstadt-Dieburg zu beantragen.
Beispiel: Wenn Sie als Erwachsener im Rahmen der Sozialen Teilhabe an einem Abendvortrag teilnehmen möchten, wenden Sie sich bitte an den Landeswohlfahrtsverband Hessen, als Schüler hingegen an den Fachbereich Soziales und Teilhabe des Landkreises Darmstadt-Dieburg.  

Gesetzliche Grundlagen:

§ 8 Abs. 3 Hessisches Behinderten-Gleichstellungsgesetz – HessBGG
„Menschen mit Hörbehinderungen (gehörlose, ertaubte, schwerhörige und taubblinde Menschen) und Menschen mit Sprachbehinderungen haben nach Maßgabe der einschlägigen Gesetze das Recht, die Deutsche Gebärdensprache oder lautsprachbegleitende Gebärden zu verwenden.“

§ 11 Abs. 1 S. 2 HessBGG
„Die Träger öffentlicher Gewalt im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 1 haben dafür auf Wunsch der Berechtigten im notwendigen Umfang die Übersetzung durch Gebärdensprachdolmetscherinnen oder Gebärdensprachdolmetscher oder die Verständigung mit anderen geeigneten Kommunikationshilfen ohne Kosten für die Berechtigten sicherzustellen oder die hierfür notwendigen Aufwendungen zu tragen.“

§ 23 Abs. 2 Satz 4 Hessisches Verwaltungsverfahrensgesetz – HVwVfG
„Hat die Behörde Dolmetscher oder Übersetzer herangezogen, erhalten diese in entsprechender Anwendung des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes eine Vergütung.“

Wird der Dolmetschereinsatz im Zusammenhang mit einem Verfahren bei einem Sozialleistungsträger (Leistungen nach SGB II/ III/ VIII/ IX und XII) erforderlich, sind die Kostenerstattungsverpflichtungen für diese Verfahren speziell im SGB I/ IX und X geregelt.

§ 17 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch  - SGB I „Menschen mit Hörbehinderungen und Menschen mit Sprachbehinderungen haben das Recht, bei der Ausführung von Sozialleistungen, insbesondere auch bei ärztlichen Untersuchungen und Behandlungen, in Deutscher Gebärdensprache, mit lautsprachbegleitenden Gebärden oder über andere geeignete Kommunikationshilfen zu kommunizieren. Die für die Sozialleistung zuständigen Leistungsträger sind verpflichtet, die durch die Verwendung der Kommunikationshilfen entstehenden Kosten zu tragen.“

§ 19 Abs. 1 S. 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - SGB X
„Menschen mit Hörbehinderungen und Menschen mit Sprachbehinderungen haben das Recht, in Deutscher Gebärdensprache, mit lautsprachbegleitenden Gebärden oder über andere geeignete Kommunikationshilfen zu kommunizieren; Kosten für Kommunikationshilfen sind von der Behörde oder dem für die Sozialleistung zuständigen Leistungsträger zu tragen.“

§ 113 Abs. 1 SGB IX
„Leistungen zur Sozialen Teilhabe werden erbracht, um eine gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern, soweit sie nicht nach den Kapiteln 3 bis 5 erbracht werden. Hierzu gehört, Leistungsberechtigte zu einer möglichst selbstbestimmten und eigenverantwortlichen Lebensführung im eigenen Wohnraum sowie in ihrem Sozialraum zu befähigen oder sie hierbei zu unterstützen.“

Zu den Leistungen zur Sozialen Teilhabe zählen unter anderen auch Leistungen zur Förderung der Verständigung (§ 113 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX).

§ 82 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - SGB IX
„Leistungen zur Förderung der Verständigung werden erbracht, um Leistungsberechtigten mit Hör- und Sprachbehinderungen die Verständigung mit der Umwelt aus besonderem Anlass zu ermöglichen oder zu erleichtern. Die Leistungen umfassen insbesondere Hilfen durch Gebärdensprachdolmetscher und andere geeignete Kommunikationshilfen.“

 

Übersicht - wer bezahlt in welcher Situation?

(Diese Aufstellung ist weder vollständig noch rechtsverbindlich.)