Im Wandel – Sprache formt die Wirklichkeit

Unsere Sprache ist einer ständigen Entwicklung und Veränderung ausgesetzt. Neue Entwicklungen erfordern neue Begriffe. Befördert durch Globalisierung und Migration übernehmen wir Wörter aus anderen Sprachen und erweitern unseren Wortschatz. Manche Ausdrücke verschwinden aus unserem Sprachgebrauch, weil sie nicht mehr zeitgemäß sind, andere kommen dafür hinzu. Sprache ist lebendig und spiegelt gesellschaftliche Entwicklungen wider. Dass sie sich verändert, ist also ganz natürlich.

Bis 1971 wurde „Fräulein“ als offizielle Anrede für unverheiratete Frauen verwendet. Es wurde aus der Amtssprache gestrichen, da die Verkleinerungsform von „Frau“ eine Abwertung bedeutet. Heute ist das „Fräulein“ fast vollständig aus dem Sprachgebrauch verschwunden. In der 2020 erschienen Neuauflage des Dudens wurden rund 3000 neue Wörter aufgenommen. Darunter: Mikroplastik, Bartöl, Reproduktionszahl, Craftbeer und Klimakrise – Begriffe, die noch vor einigen Jahren niemand verstanden hätte.

Sprache ist gleichzeitig ein mächtiges Instrument. Sie prägt unsere Wahrnehmung und bildet gesellschaftliche Strukturen ab. Sie kann dazu genutzt werden, sich von anderen abzugrenzen oder die Zugehörigkeit zu sozialen Schichten auszudrücken. Sie ist häufig Voraussetzung für Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und kann somit soziale Ausschließung produzieren. Sprache kann auch diskriminieren. Etwa können Menschen durch die Verwendung von beleidigenden Begriffen herabgewürdigt werden. Diskriminierende Sprache wird häufig unbewusst verwendet, weshalb es umso wichtiger ist, sich damit auseinanderzusetzen.

In den vergangenen Jahrzehnten wurde das Thema Sprache und Geschlecht verstärkt in den Fokus genommen. Frauen setzen sich seit langem dafür ein, in der Sprache sichtbarer und hörbarer zu werden und nicht nur „mitgemeint“ zu sein. Die Verwendung des generischen Maskulinums (nur die männliche Form wird genannt) gilt vielen nicht mehr als zeitgemäß und wird häufig als Diskriminierung wahrgenommen. Als Reaktion darauf wurden unterschiedliche Varianten zur Sichtbarmachung von Frauen in gesprochener und geschriebener Sprache entwickelt.

Die Forderung nach Sichtbarkeit in der Sprache kann dabei auch rechtlich begründet werden:

„Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.“ (GG Art. 1 Abs. 3)

„Rechts- und Verwaltungsvorschriften sollen die Gleichstellung von Frauen und Männern sprachlich zum Ausdruck bringen. Dies gilt auch für den dienstlichen Schriftverkehr.“ (HGlG §1)

Diese Ausschnitte aus dem Grundgesetz (GG) und dem Hessischen Gleichstellungsgesetz (HGlG) zeigen: Diskriminierung und Benachteiligung sind inakzeptabel und müssen aktiv verhindert werden. Es wird deutlich, dass sich Antidiskriminierung und Gleichberechtigung auch auf Sprache beziehen.

Die verstärkte Sichtbarmachung von Frauen in der Sprache war ein Meilenstein im Bereich der Geschlechter- gerechtigkeit. Mittlerweile wird allerdings davon ausgegangen, dass es nicht nur zwei, sondern eine Vielzahl von Geschlechtern gibt, die auch in der Sprache sichtbar werden sollen. Mit dieser Thematik hat sich 2017 das Bundes- verfassungsgericht befasst und kommt zu dem Schluss, dass Menschen, die sich dauerhaft weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuordnen lassen, ein Recht auf Schutz vor Diskriminierungen wegen ihres Geschlechts haben. Daraus resultierte, dass es neben „männlich“ und „weiblich“ auch „divers“ als dritte Option für einen Geschlechts-eintrag geben muss. Diese Gesetzesänderung hat praktische Auswirkungen auf die Arbeit in der Verwaltung, da auch hier die dritte Option für einen Geschlechtseintrag berücksichtigt werden muss. Dies gilt insbesondere für Stellenausschreibungen und Formulare, aber auch für alle anderen Formen der internen und externen Kommunikation.

Um die Beschäftigen des LaDaDi bei der Umsetzung der rechtlichen Vorschriften zu unterstützen und Diskriminierung aufgrund von Geschlecht in der Kommunikation zu vermeiden, wurde dieser Leitfaden entwickelt. Er soll helfen, Briefe an Kund*innen, Bescheide, E-Mails, Formulare, Veröffentlichungen und alle anderen Formen der Kommunikation geschlechtersensibel zu gestalten.