Presse-Archiv 2002

Landkreis würdigt privates Engagement

Gute Geister im Scheinwerferlicht

15.10.2002

Darmstadt-Dieburg - Gute Geister gibt es nicht nur im Märchen. Mit einem Aufruf an die Bevölkerung hat Landrat Alfred Jakoubek eine ganze Reihe wunderbarer Erscheinungen aufgespürt, die, unbemerkt von der breiten Öffentlichkeit, einsamen, Not leidenden, kranken und schwachen Menschen Freude bringen. Seit Beginn der Suchaktion im April sind dem Landratsamt mehr als 70 leibhaftige "gute Geister" gemeldet worden; die ersten erhalten für ihr herausragendes privates Engagement am Sonntag (20.) beim "Großen Seniorentag" in Bickenbach die Ehrennadel des Landkreises.
Diese Auszeichnung hat der Landrat neu geschaffen, um Verdienste von Frauen und Männer zu würdigen, die allein in mitmenschlicher Mission aktiv sind. Weil sie keiner Organisation angehören und keine offizielle Funktion bekleiden, fallen die stillen Helfer gemeinhin durch das Raster der Richtlinien für staatliche Ehrungen. Aber nach Orden und Belobigungen streben die Betroffenen auch nicht. Ihr Antrieb ist Nächstenliebe, sich um andere zu kümmern, halten sie für "selbstverständlich". Jakoubek ist da anderer Ansicht: "Mit ihrem Verhalten setzen die Aufmerksamen und Fürsorglichen ein Signal gegen Egoismus und soziale Kälte, und das soll die Öffentlichkeit ruhig erfahren." Die Kampagne "Guter Geist" richte den Scheinwerfer auf Vorbilder der Gesellschaft, die ihr Licht selbst gern unter den Scheffel stellen. Die meisten der bisher ausfindig gemachten Helfer sind Frauen, überwiegend im etwas fortgeschrittenen Alter. Sie helfen fremden Kindern bei den Hausaufgaben, sie kochen, putzen, kaufen ein für betagte Nachbarinnen und Nachbarn, begleiten sie zum Arzt und erledigen für sie "Papierkram", fahren regelmäßig Menschen mit Behinderungen im Rollstuhl spazieren, pflegen Bettlägerige aufopferungsvoll, bringen Leben ins Leben von älteren Herrschaften, die sonst einsam in ihren vier Wänden verkümmern würden. Buchstäblich grenzenlos sind Einsatzfelder und Aktionsradius der guten Geister. Manche holen kontaktarme Senioren mit regelmäßigen Kaffeekränzchen aus ihrer Isolation, andere organisieren Ausflüge und Reisen, wieder andere bringen Hilfslieferung für Notstandsgebiete im Ausland ins Rollen - alles privat und auf eigene Initiative, ohne materiellen Vorteil und ohne großes Aufheben. Als wenigstens kleines Dankeschön erhalten sie dafür die Ehrennadel des Kreises. Entsprechende Vorschläge nimmt die Servicestelle im Landratsamt auch weiterhin entgegen (Info: 06151/881 1012).
*** Insgesamt Dreizehn "gute Geister" stehen bei der ersten öffentlichen Auszeichnung im Rampenlicht. Margarete Peter aus Seeheim-Jugenheim Seit mehr als zwanzig Jahren betreut Margarete Peter, selbst inzwischen schon 73 Jahre alt, schwerbehinderte Menschen im Altenzentrum in Seeheim, im Seniorenheim Linde in Jugenheim und in deren Privatwohnungen. Fünf Personen besucht sie zuverlässig mehrmals in der Woche und erledigt nahezu alles, wozu sie selbst nicht mehr in der Lag e sind. Auch zu Treffen der Behindertengruppe des Diakonischen Werks, die alle 14 Tage stattfinden, begleitet die rührige Rentnerin ihre Schützlinge und packt, obwohl selbst eigentlich Gast, beherzt mit an, beispielsweise beim Zubereiten und Verteilen des Essens. Auch wenn Ausflüge anstehen, ist sie helfenderweise mit von der Partie - und spannt gelegentlich ihren Mann gleich mit ein. Renate Kucke und Elisabeth Wess aus Seeheim-Jugenheim Die beiden Damen, 65 und 67 Jahre alt, kümmern sich aufopfernd um alte und kranke Menschen. Fast täglich kommen sie ins Altenheim und ins Krankenhaus, um für Bewohner beziehungsweise Patienten Besorgungen zu erledigen, mit ihnen eine Runde an der frischen Luft zu drehen, sie an der "Welt da draußen" teilhaben zu lassen und um ihnen vor allem das Gefühl zu geben, nicht allein und verlassen zu sein.
Elisabeth Ritter aus Griesheim Vereinsunabhängig und ohne Eigengewinn bringt die Rentnerin seit Jahren ältere Griesheimer buchstäblich auf Touren - und das im respektablen Alter von jetzt 87 Jahren. Mit immer wieder neuen Ideen organisiert sie Busfahrten oder Bootsauflüge auf Rhein, Main und Neckar und sorgt so für Abwechslung im Alltag von Senioren, die solche Unternehmungen auf eigene Faust nicht zustande bringen können oder wagen.
Therese Jagoda (87), Edith Bickel (77), Else (72) und Kurt (77) Schweitzer, Ruth (68) und Dieter (69) Uhlemann, Martha Steinbacher (74), Ilse Müller (76) und Heinrich Jäger (78), alle aus Bickenbach Selbst nicht mehr ganz jung, aber rüstig und voller Energie, leisten diese neun Männer und Frauen Nachbarschaftshilfe im besten Sinne. Auf ihre Unterstützung kann eine ganze Anzahl ältere Bickenbacher vertrauen, die zu gebrechlich sind, ihren Haushalt und ihre Angelegenheiten selbst zu managen. Von der Verpflegung bis zur aufmunternden Ansprache bei körperlichen oder seelischen Tiefs - immer ist ein guter Geist in der Nähe. Die rührige Runde kümmert sich auch um den Seniorenkreis der Gemeinde, kocht wechselweise Kaffee, besorgt Kuchen, organisiert Veranstaltungen, Ausflüge und noch einiges andere mehr.

db

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