Presse-Archiv 2003

Landrat: Sparen an der falschen Stelle wird sich später rächen

Prävention geht in die Knie

18.09.2003

Darmstadt-Dieburg - Die von der Landesregierung angekündigten Kürzungen schlagen im Landkreis - direkt oder indirekt - mit insgesamt rund 630.000 Euro ins Kontor. Auf diese Summe addieren sich laut Landrat Alfred Jakoubek die von den Ministerien bisher genannten Einzelposten. Betroffen sind vor allem Präventionsangebote des Kreises selbst oder kooperierender Einrichtungen. Jakoubek hält die Strategie der "Operation sichere Zukunft" für kurzsichtig und gefähr lich: "Das wird sich später rächen. Die gesellschaftlichen Folgekosten der unterlassenen Vorbeugung werden in absehbarer Zeit ein Mehr faches dessen kosten, was man heute spart." Der Landkreis müsse in Anbetracht seines wachsenden Defizits selbst rigide haushalten und werde mit Sicherheit nicht als Ausfallbürge für das Land eintreten können. Auch Jakoubek ist zum Sparen gezwungen, will aber keine Rasenmähermethode anwenden, sondern im Kreistag dafür werben, dass auf den Feldern Prävention, Ehrenamt sowie Schule/ Jugend/Bildung zumindest der Status quo erhalten bleibt.
Besonders hart trifft das Wiesbadener Streichkonzert beispielsweise die Schuldnerberatung im Kreis, die von rund 75.000 Euro auf Null gesetzt wird. Damit steht die Beratung der Caritas in Dieburg, die von den Landesmitteln 50.000 Euro erhielt und 2002 rund 130 Intensivkunden zählte, nach nur zwei Jahren vor dem Ende. Die entsprechende Kooperationsvereinbarung zwischen Kreis und Verband läuft am 31. Dezember aus. Eng wird es auch für die Schuldnerberatung im Landratsamt, die zurzeit mit jeweils zwei haupt- und nebenamtlichen Kräften sowie einer Sekretärin besetzt ist und jährlich rund 1000 Klienten betreut. Die fehlenden Landesmittel entsprechen einer halben Personalstelle. Dramatisch ist für das Frauenhaus in Münster die Streichung von 120.000 Euro. Der Kreis unterstützt die Zuflucht mit 154.000 Euro und wird hier ebenso wenig zubuttern können wie beim Frauencafé Weiterstadt und dem Verein Frauen für Frauen in Groß-Umstadt, denen künftig rund 7.500 beziehungsweise 15.300 Euro fehlen. Die Erziehungsberatungsstellen des Landkreises in Pfungstadt und Groß Umstadt, die wegen der enormen Nachfrage eigentlich erweitert werden sollten, müssen auf rund 40.000 Euro - also möglicherweise eine Fachkraft - verzichten. Stellenabbau droht auch der Fachstelle Jugend berufshilfe (minus 51.000 Euro) und der gemeinsamen Jugend- und Drogenberatung von Stadt und Kreis (minus 29.000 Euro). Berufliche Orientierungskurse für erwerbslose Frauen, die bisher regelmäßig von Sefo femkom und der Kreisvolkshochschule angeboten wurden, wird es nach der Streichung von insgesamt rund 93.000 Euro wohl in Zukunft nicht mehr geben. Der Schülerhilfe der Stadt Weiterstadt und des Vereins Kipf an der Schillerschule in Pfungstadt bricht durch den Wegfall von insgesamt mehr als 32.000 Euro die finanzielle Basis zusammen. Der Caritas-Verband in Darmstadt und Dieburg, vom Landkreis jährlich mit mehr als 300.000 Euro gefördert, verliert Lan dessubventionen im Volumen von mehr als 100.000 Euro für Eltern und Erziehungsberatung, Suchtberatung und psychiatrischen Dienst.
Die Landesmittel für die Aids-Hilfe, die der Kreis mit 24.000 Euro unterstützt, sollen um ein Viertel auf 37.000 Euro reduziert werden.
Bei der Fortbildung von Altenpflegekräften will Wiesbaden landesweit 45.000 Euro einsparen, bei den familienentlastenden Diensten des Landeswohlfahrtsverbands für behinderte Menschen 250.000 Euro. Auch diese Kürzungen werden sich in Darmstadt-Dieburg auf Pflegeheime und Umlagezahlungen des Kreises auswirken. In welchem Umfang, lässt sich vorerst schwer beziffern.
db

 

 

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