Presse-Archiv 2003

Familienforum der Erziehungsberatungsstellen des Kreises

Getrennt und doch gemeinsam

31.10.2003

Darmstadt-Dieburg - Rund 500 Eltern wenden sich alljährlich an die beiden Erziehungsberatungsstellen des Landkreises in Groß-Umstadt und in Pfungstadt, wenn eine Trennung oder eine Scheidung bevor steht oder bereits vollzogen ist. Die Beratungssituation ist dabei häufig eindeutig: Die Eltern sind zerstritten und möchten nichts mehr miteinander zu tun haben - und vergessen darüber ihre Kinder. Angesichts der Tatsache, dass dieses schwierige Thema 43 Prozent der Anmeldungen ausmacht, wenden sich die Erziehungsberatungsstellen mit einem Forum an betroffene Familien. Am Freitag, 14. November, um 20 Uhr im Saalbau im Groß-Umstädter Stadtteil Richen zeigt Referentin Erika Lützner-Lay Wege für die Gratwanderung der Eltern auf, wenn sie sich trotz einer Trennung gemeinsam um die Kinder kümmern sollen. Die anerkannte Therapeutin, die seit vielen Jahren mit Paaren, Familien und Gruppen arbeitet, gibt Tipps, wie eine Trennung von allen Beteiligten konstruktiv verarbeitet werden kann, damit für die Kinder nach wie vor eine verlässliche Beziehung zu beiden Elternteilen besteht. Viele Paare erleben das Auseinandergehen zunächst als Katastrophe, die moralische Schuld und das Versagen werden meist beim Anderen ausgemacht. Die Trennung wird als Auflösung der Familie empfunden, Ideen für mögliche Gemeinsamkeiten rücken aus Enttäuschung und Verunsicherung in den Hintergrund. Weil Eltern zu oft ihre eigenen Wunden lecken und keine gemeinsame Perspektive entwickeln, geraten die Kinder leicht aus den Augen, ein oft zäher und zermürbender Kampf um das Sorge- und Besuchsrecht ist vorgegeben. Die Angst beider Elternteile, das Kind an den Anderen zu verlieren, geht zu Lasten des Nachwuchses, der in Loyalitätskonflikte gerät und seine emotionalen Beziehungen zu Mutter und Vater beschnitten sieht. Die Kinder sind hin- und hergerissen und machen mit "Störungen" in vielfältiger Form auf sich aufmerksam. Wie beispielsweise im Fall eines Achtjährigen, der zusammen mit seiner Mutter "Kunde" der Erziehungsberatungsstelle in Groß-Umstadt ist. Die Frau ist nach der Trennung von ihrem Mann zutiefst gekränkt und möchte am liebsten nichts mehr mit ihm zu tun haben. Der Junge lebt bei seiner Mutter, hat aber ein schlechtes Gewissen, alle zwei Wochen zu seinem Vater zu gehen, weil er glaubt, dass es die Mutter nicht will. Andererseits erzählt er seinem Vater nur wenig über seinen Alltag - aus Angst, dass er über die Mutter herzieht. Das Wechselbad der Gefühle verursacht bei dem Jungen Trauer und Wut gleichzeitig. Oft ist er so wütend, dass er mit dem Kopf gegen die Wand schlägt oder einen Klassenkameraden verprügelt. Gefangen in seinen Gefühlen und mit dem Wissen um die Spannungen zwischen seinen Eltern, hat er sich in eine vermeintlich sichere Deckung verzogen. Doch irgendwann wird der Druck zu groß, die Wut muss raus. Im Anschluss an den Vortrag in Richen bieten die Erziehungsberatungsstellen drei weitere Termine an, in denen das Thema in kleinen Gruppen vertieft werden kann.

pt

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