Presse-Archiv 2005

Protest und "Rache des kleinen Mannes - Privater Dienst will einsteigen

Die Post - erwünscht, aber nicht unersetzlich

11.02.2005

Darmstadt-Dieburg - Ihre "traditionell flächendeckende Präsenz" preist die Deutsche Post AG in ihrer jüngsten Werbeschrift. Die Wirklichkeit sieht anders aus, wie an der Kündigung von sieben Agenturen allein im Landkreis abzulesen ist. Weil das bis Jahresende angepeilte Wegfall-Soll des "profitablen Logistikkonzerns" von bundesweit 1000 Stellen noch nicht erreicht ist, stehen möglicherweise weitere Standorte zur Disposition. In Unterschriftenlisten haben in den letzten Wochen bereits Hunderte von Kunden ihren Unmut über diese Geschäftspolitik zum Ausdruck gebracht und etliche, gewissermaßen als "Rache des kleinen Mannes" ihr Konto bei der Postbank aufgelöst. Die politische Ebene protestiert und fordert den Vorstandsvorsitzenden Dr. Klaus Zumwinkel zum Dialog auf. Und es bahnt sich eine neue Entwicklung an: Ein privater Dienstleister will überall dort einspringen, wo die Post sich dünne macht, und darüber hinaus, sofern sich entsprechende Partner finden, in servicemäßig schon länger verwaisten Ortschaften Geschäftsstellen für die Brief- und Paketannahme einrichten.

Auf Einladung von Landrat Alfred Jakoubek kamen am Freitag (12.) die Bürgermeister aller 23 Kreisgemeinden im Landratsamt zusammen. Dabei wurde eine gemeinsame Protestnote an Post-Chef Zumwinkel verfasst, die die geplante Einschränkung des Angebots "ohne jeglichen Blick für die Menschen und ohne jedwede vorherige Abstimmung" scharf missbilligt. Das Bemühen der Kommunalpolitik um Versorgungssicherheit im ländlichen Raum werde durch das Verhalten des Unternehmens "massiv konterkariert". Landrat und Bürgermeister fordern, die Entscheidung zu revidieren und in einen offenen Dialog einzutreten. "Wir verlangen ein Gespräch mit einem entscheidungsbefugten Verantwortlichen", so Jakoubek. "Mit einem als bezahlter Schutzschild vorgeschobenen ‘Politikbeauftragten’, der stoisch sein Programm abspult, lassen wir uns nicht mehr abspeisen." Jakoubek ist reichlich verärgert über den bisherigen Umgangsstil: "Da wird der Zahmste zum Tier". Falls die Post weiter auf stur stellt, könnte als Statthalter ein lizensierter Logistik-Anbieter mit Sitz in Darmstadt in Betracht kommen, der sich angesichts der vom "gelben Riesen" verursachten weißen Flecken in der südhessischen Servicelandschaft selbst ins Gespräch und der versammelten Kommunalpolitik vorgestellt hat. Der Wettbewerber, Kennfarbe orange, hat in den zurückliegenden vier Jahren - nach der Aufhebung des Postmonopols - als Partner von Läden und Banken in den Kreisen Darmstadt-Dieburg, Bergstraße, Groß-Gerau und Odenwald 68 Geschäftsstellen aufgebaut und befindet sich auf Expansionskurs. Ziel sind 120 bis zum Jahresende. Mit den gekündigten Postagenturbetreibern hat das Unternehmen bereits Kontakt aufgenommen. Sollte man sich einigen, könnte die von der Post gerissene Lücke nahtlos gefüllt werden.

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