Presse-Archiv 2005

Viele zweifelhafte neue Firmen - Gewerbeamt kontrolliert

Auftritt der Scheinselbständigen

10.05.2005

Darmstadt-Dieburg - Bei den Gewerbeämtern im Kreis brummt’s. Seit Jahresbeginn werden in den Rathäusern deutlich mehr neue Firmen angemeldet. Mitnichten jedoch sind dies Anzeichen einer anspringenden Konjunktur. Vielmehr handelt es sich bei etlichen "Jungunternehmern" um Scheinselbständige aus den neuen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union, so die alarmierende Einschätzung der Ordnungsbehörde im Landratsamt Dieburg.

Die drei Mitarbeiter des Sachgebiets "Schwarzarbeitsbekämpfung" im Kreishaus, bei denen die Anmeldebögen aus den Gemeinden zentral zusammenlaufen, kann bei ihren Kontrollen inzwischen kaum noch etwas überraschen. Büro, Werkstatt, Telefon, Firmenschild, Briefkasten und Klingel? Fehlanzeige. "Nahezu alle der mehr als hundert angeblichen Betriebsstätten, die Osteuropäer seit Jahresbeginn hier registrieren ließen, entsprechen nicht einmal ansatzweise den Erfordernissen der Gewerbeordnung", stellt Abteilungsleiter Volker Schmitt nüchtern fest. Eine notdürftige Unterkunft mit Etagenbetten, zehn Mann in zwei Zimmern, gar nur eine rollende Rostlaube als multifunktionaler Firmen- und Wohnsitz - alles keine Seltenheit. 94 Prozent der im Landkreis auftauchenden neuen Gewerbetreibenden aus den Beitrittsländern sind Polen, die übrigen stammen aus der Slowakei, Ungarn und Litauen. Sie nutzen das Zuwanderungsgesetz und die Nischen der erlaubnisfreien Tätigkeiten im Handwerk und auf dem Dienstleistungssektor. Die "Spezialfirmen" bieten unter anderem Hausmeisterservice, Innenausbau, Holz- und Bautenschutz an, verlegen Parkett, Estrich, Fliesen, Platten und Mosaik, reinigen "nach Hausfrauenart". Auch "selbständige" Kellner sind darunter. Auf Beanstandungen reagiert nur jeder Fünfte und erfüllt dann im zweiten Anlauf die geforderten Mindeststandards. Die übrigen halten es offenbar nicht für nötig, auf Kontrollmaßnahmen überhaupt nur zu reagieren und, so Schmitt, "arbeiten wahrscheinlich weiter, obwohl ihr Gewerbe von Amts wegen abgemeldet wird." Das Ordnungs- und Gewerbeamt behält die zweifelhaften Firmen weiter im Auge und steht dabei in engem Kontakt mit der Handwerkskammer und dem Hauptzollamt. Auch die Finanzämter erhalten entsprechende Mitteilungen. In vielen Fällen besteht der Verdacht, dass man es hier mit Scheinselbständigen zu tun hat, die sich als "Subunternehmer" in Arbeitskolonnen etwa auf Großbaustellen verdingen. Die Beweisführung ist schwierig, die Wirkungskette groß. Der negative Einfluss dieser Betriebe auf den regionalen Markt beginnt erst einzusetzen, ist aber in einigen Branchen bereits spürbar. Örtliche Unternehmen sehen durch Lohn- und Preisdumping Arbeitsplätze und Existenzen in Gefahr, Steuer- und Sozialabgaben sind schwer beizutreiben, Kunden können Gewährleistungsansprüche kaum durchsetzen. "Wir sind höchst sensibel und wachsam für diese Art von Geschäftstätigkeit", heißt es aus dem Landratsamt.

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