Presse-Archiv 2005
Mehr als 100 Umweltpaten polieren das Erscheinungsbild ihrer Gemeinde
Zupacken für einen aufgeräumten Eindruck
16.08.2005
Darmstadt-Dieburg - Jens und Robin stinkt’s gewaltig. Was die Leute alles so lässig aus dem Autofenster schnicken oder beim Flanieren einfach fallen lassen, die ganzen Kippen, Schnipsel und Verpackungen am Straßenrand, darüber können sich die Radheimer Jungs tierisch aufregen. Und deshalb haben sie beschlossen, etwas zu unternehmen, im Rathaus in Schaafheim angerufen, dem Bürgermeister bei einem Eis ihre Entrüstung kundgetan und sich als "Umweltpaten" beworben. Heike Gehrig vom Umweltamt staffierte die beiden daraufhin mit dem nötigen Rüstzeug aus, und schon wenig später konnte man den Zehn- und den Elfjährigen mit Handschuhen, Greifzange, Müllsäcken und viel zu großer Schutzweste auf Entdreckungstour im Ort beobachten.
Seit knapp drei Wochen gehören die beiden Schüler zur immer größer werdenden Riege zupackender Reinlichkeitsfans. Mehr als hundert Landkreisbürger haben - einzeln oder in Gruppen - eine Umweltpatenschaft übernommen, seit der "regionale Rat gegen Unrat" vor einem Jahr zum freiwilligen Einsatz gegen Dreckecken und Schandflecken aufgerufen hat. Roswitha Flemming, die Abfallberaterin des Landkreises, und ihre Kollegen bei den Kommunen sind mit der Resonanz sehr zufrieden. "Man kann es deutlich sehen ", so Flemming. "Wo Paten propere Arbeit leisten, wirken Spielplätze, Grünanlagen, Wege, Waldstücke, Wiesen viel gepflegter, sind eine wirkliche Augenweide." Den Aktiven liegt viel daran, dass ihr Wohnort einen aufgeräumten Eindruck macht und man sich wohl fühlt. Abgesehen vom verbesserten optischen Erscheinungsbild freut man sich in den Rathäusern auch über eine Entlastung der Bauhöfe, deren Arbeiter selbst bei bestem Willen nicht überall und jederzeit zur Stelle sein können.
Alle Umweltpaten bekommen einen Vertrag, kostenfrei Arbeitsutensilien vom Zweckverband Abfall- und Wertstoffeinsammlung (ZAW) und von der Gemeinde eine Haftpflicht- und Unfallversicherung bei ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit. Ganz junge sind ebenso mit von der Partie wie ältere Semester.
Die Leute von "Vocappella" beispielsweise haben es gern picobello. Dafür machen sie sich schon mal die Hände schmutzig. Damit das Ambiente stimmt, wenn der gemischte Chor zur Singstunde im alten Zeilharder Rathaus antritt, schaffen die Mitglieder außen herum Ordnung, sammeln weggeworfenen Kram ein, mähen den Rasen, stutzen die Büsche. Um den Dorfplatz ein paar Ecken weiter kümmert sich eine dreiköpfige Familie. Vater, Mutter und Sohn klauben Flaschen, Papier und Dosen zusammen, sehen zu, dass die Zierpflanzen nicht verkommen. In Münster/Altheim patrouilliert regelmäßig eine Klasse der Regenbogen-Grundschule, in Groß-Umstadt/Richen die "Mini-Feuerwehr". In Mühltal widmet sich die Pfadfindergruppe Royal Rangers einer Streuobstwiese, im Ortsteil Frankenhausen halten Wackere das Gebiet Streittanne sauber, haben "nebenbei" sogar eine Wanderhütte renoviert und den Weg dahin neu gestaltet. Wieder andere hegen das Hexenhäuschen in Groß-Umstadt/Heubach, jagen in Roßdorf Wucherpflanzen wie den Riesenbärenklau oder picken jeden Tag Unrat beim Gassi gehen mit dem Hund. Über die Umweltpaten hinaus gibt es eine ganze Reihe von ungemeldeten, teilweise auch namentlich unbekannten Personen, die geradezu wie Heinzelmännchen (und -frauchen) das Stadtbild polieren, ohne viel Aufhebens Grünstreifen und Verkehrsinseln regelmäßig säubern, jäten, gießen, Blumen pflanzen, Schilder säubern, Laub kehren, Äste zurückschneiden. Manche tun dies ganz privat, andere durchorganisiert wie der Ortsverschönerungsverein Reinheim/Georgenhausen, wo zwölf Aktive nach Dienstplan etwa im Freizeitzentrum und am Friedhof nach dem Rechten schauen. Wie viele fleißige Hände tatsächlich den Gegenpart zu nachlässigen Schluderern bilden, lässt sich folglich gar nicht genau sagen. Erste Kreisbeigeordnete Celine Fries jedenfalls ist voller Respekt und bedankt sich, gewiss auch im Namen aller Bürgermeister, für die gemeinnützige Schönheitspflege.
Info: Wer gern als Umweltpate aktiv werden möchte, kann sich ans Landratsamt (06151/8811413) oder die zuständige Gemeindeverwaltung wenden.