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Erster ÖPNV-Kongress Darmstadt-Dieburg und Darmstadt

Gemeinsam den Nahverkehr auf die Schiene setzen

25.09.2025

Auftakt zum gemeinsamen ÖPNV-Kongress in der Aula des Mediencampus Dieburg: Auf dem Podium sind Prof. Dr. Arnd Steinmetz, Präsident der Hochschule Darmstadt, Paul Georg Wandrey, Stadtrat und Verkehrsdezernent der Stadt Darmstadt, Lutz Köhler, Vize-Landrat und Verkehrsdezernent Lutz Köhler vom Landkreis Darmstadt-Dieburg sowie Moderator Prof. Dr. Jürgen Follmann, ebenfalls Hochschule Darmstadt (von links). Foto: Guido Schiek

Darmstadt-Dieburg. „Als Dadina haben wir schon immer ein besseres Angebot als vergleichbare Organisationen, wir wollen heute darüber reden, wie wir das fortsetzen können.“ Mit diesen Worten begrüßte Vizelandrat und Verkehrsdezernent Lutz Köhler die Teilnehmer beim ersten ÖPNV-Kongress von Landkreis Darmstadt-Dieburg und Stadt Darmstadt in der Aula des Mediencampus Dieburg der Hochschule Darmstadt. Der Darmstädter Verkehrsdezernent Paul Georg Wandrey erklärte, dass es das Ziel sei, „die Mobilität in unserer Region zukunftsfähig, klimafreundlich und für alle zugänglich zu gestalten“. Das tun Stadt und Landkreis bereits seit fast 30 Jahren in der Darmstadt-Dieburger Nahverkehrsorganisation (Dadina), dennoch gehe es für die Zukunft darum, „die ganze Vielfalt der Schiene abzudecken“, erklärte Köhler. Und so war auch die Palette der Referenten und Themen breit gestreut an diesem Nachmittag, der mit „Impulse. Innovation.Infrastruktur – Die Schiene im Fokus“ überschrieben war.

Interessante Zahlen hatte Verkehrsplaner Prof. Dr. Jürgen Follmann von der Hochschule Darmstadt mitgebracht: Jeden Tag pendeln etwa 80.000 Menschen nach Darmstadt ein, 40.000 aus, beim Landkreis ist es umgekehrt: Jeden Tag kommen 40.000 Menschen zum Arbeiten rein, 80.000 fahren an ihren Arbeitsplatz außerhalb. 27 Prozent davon nutzen bereits die Schiene - 53 Prozent das Auto, 15 Prozent das Rad und sechs Prozent erreichen ihren Arbeitsplatz zu Fuß. 42 Kilometer auf zehn Linien beträgt das Straßenbahnnetz derzeit, und dabei solle es angesichts der Zahlen nicht bleiben, betonte Lutz Köhler. Die ergebnisoffene Zusammenarbeit zwischen Stadt und Kreis sei dabei ein wichtiger Schlüssel, um Nahverkehrsangebote auch über kommunale Grenzen hinweg zu denken und zu verbessern sowie den gemeinsamen Mobilitätsfrieden zu erreichen, sagte Paul Georg Wandrey.

Die Odenwaldbahn wurde als ein Beispiel für ein erfolgreiches Modell genannt, bei der gemäß Erbacher Erklärung noch weitere Verbesserungen bis 2030 geplant sind. Gleichzeitig wurden aber auch auf die beiden neuen Straßenbahnstrecken, die derzeit geprüft werden, hingewiesen: Für die Tram von Weiterstadt über Darmstadt nach Groß-Zimmern soll die Nutzen-Kosten-Untersuchung laut Arne Rath und Johannes Gregor von Heag Mobilo Anfang 2026 vorliegen, für die Verlängerung von Griesheim nach Riedstadt Ende 2026/Anfang 2027. Bevor weitere Ergänzungen des Schienennetzes aber angegangen werden können, muss das alte repariert werden. Das erklärte Thomas Busch vom Rhein-Main-Verkehrsverbund (RMV). Der Zustand der Schiene sei aktuell „eine besondere Herausforderung“. Nimmt man die beförderten Personen und die zurückgelegten Kilometer als Maßstab, macht im RMV-Gebiet zwei Drittel des Nahverkehrs die Schiene aus, ohne die U-Bahn in Frankfurt. 2024 allerdings kam es zu 2500 baubedingten Fahrplanänderungen, die Generalsanierung der Riedbahn war dabei das größte Projekt. Die Verkehrsleistung des RMV hat sich seit 30 Jahren verdoppelt, das Schienennetz ist aber im selben Zeitraum nur um ein Prozent gewachsen. Das soll sich mittelfristig aber ändern, waren sich Wandrey und Köhler einig.

Jörg Gerhard, Geschäftsführer der Dadina, hat derzeit auch mit Problemen zu kämpfen, auch auf beim Erfolgsmodell Odenwaldbahn, denn dort fahren immer noch nicht alle Züge so, wie die bestellt wurden. Fehlende Fahrer und Stellwerkprobleme sind dort die Ursache. Zum Jahreswechsel soll der Fahrplan aber wieder wie vorgesehen bedient werden. Gerhard hatte aber auch ein Beispiel für einen grenzübergreifenden Schienenverkehr, der künftig für eine Verbesserung sorgen könnte: Wenn in Eppertshausen ein Kreuzungsbahnhof gebaut werden sollte, etwa in zehn Jahren, dann könnte sich zusammen mit RB 61 und der S-Bahn ein 30-Minuten-Takt aus Richtung Frankfurt nach Dieburg realisieren lassen. Dies wiederum könnte im Zusammenspiel mit dem Umstieg dort auf die dann höher getaktete RB 75 in Richtung Darmstadt ein Baustein für mehr Schiene im Nahverkehr werden.

Nur, wie kommen die Menschen zur Schiene, wenn die Schiene nicht zu ihnen kommt? Darauf hatte Robert Karnes vom Mobilitäts- und Tiefbauamt der Stadt Darmstadt eine Antwort: P&R-Plätze. Im Landkreis gibt es davon schon 40 mit etwa 1800 Stellplätzen, in Darmstadt hingegen fast keine. Die Zielgruppe sind die etwa 50.000 Pkw-Fahrer unter den etwa 80.000 Einpendlern nach Darmstadt jeden Tag. „Ohne Attraktivität wird niemand umsteigen“, sagte Karnes. Das gilt nicht nur für das ÖPNV-Angebot, sondern vor allem auch für Lage, Zustand und Sicherheit der P&R-Plätze.

Nach der Veranstaltung lautete das Resümee von Lutz Köhler: „Wir haben erfahren, wie schwierig unser Vorhaben sein wird, aber auch, dass es in Zukunft fast keine Alternative zu einem Nahverkehr auf der Schiene gibt. An den Voraussetzungen, um die Menschen zum Umsteigen zu bewegen, müssen wir nun arbeiten. Es wird ein langer Weg, aber einer, der sich lohnen wird.“ Paul Georg Wandrey sah dies ähnlich: „Es ist eine große Chance, aber auch eine große Herausforderung, die wir annehmen müssen.“

tb

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