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Offener Brief an den Bundesverkehrsminister

Abflugroute Cindy S: „Gesamtbelastung nachvollziehbar belegen“

10.11.2025

Darmstadt-Dieburg. In einem offenen Brief an Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder haben der Erste Kreisbeigeordnete und Vize-Landrat Lutz Köhler sowie die Bürgermeisterin von Erzhausen, Claudia Lange, und die Bürgermeister von Weiterstadt (Ralf Möller), Messel, (Dr. Thorsten Buhrmester), Groß-Zimmern (Mark Pullmann), Dieburg (Frank Haus) und Roßdorf (Norman Zimmermann) formell Beschwerde gegen den Probebetrieb der Abflugroute Cindy S des Frankfurter Flughafens eingelegt. Aus Sicht der Unterzeichner ist die Entscheidung für den Probebetrieb, der seit 10. Juli läuft, fachlich und rechtlich nicht hinreichend begründet.

Formal handele es sich nicht um einen befristeten Probebetrieb, so eins der Argumente, sondern um eine dauerhafte Einführung, die im ersten Jahr von einem Monitoring begleitet wird. Bei den betroffenen Kommunen bestehe die Sorge, dass Cindy S ohne weiteren Rechtsakt in den Dauerbetrieb überführt wird.

Weiter heißt es, dass vor Einführung der neuen Abflugroute kein Lärmschutzbereich festgelegt worden sei, der den von einer Lärmzunahme betroffenen Kommunen in bestimmten Fällen Rechtsansprüche auf passiven Lärmschutz einräumen würde. Zudem fehlten bislang Ausgleichsregelungen für die Kommunen. Auch seien die konkreten Auslöser für die Routenänderung nicht ausreichend dargelegt – und es gebe auch keine belastbare Analyse, die den tatsächlichen Nutzen gegenüber der alten Route belegt. Fazit: Eine umfassende Betrachtung der Gesamtlärmbelastung sei nicht vorgenommen worden, die Entscheidung für die neue Route stütze sich im Wesentlichen auf modellhafte Lärmberechnungen und die Annahme einer generellen Entlastung, bei der rechnerisch Entlastete und neu oder stärker Belastete saldiert würden. Es gebe jedoch „deutliche Hinweise“, heißt es in dem Schreiben weiter, dass es in einigen Gebieten wie Erzhausen, Egelsbach (Kreis Offenbach), Messel und Teilen von Dieburg zu „unerwarteten Lärmverlagerungen“ und über die Berechnung hinausgehende Belastung gekommen sei. Auch nehmen Kommunen, die durch die neue Route eigentlich eine Entlastung erfahren sollten, etwa Weiterstadt, Roßdorf und Groß-Zimmern, „ebenfalls eine Verschlechterung wahr“. Insgesamt sei durch die Verlagerung der Route im nördlichen Ring um Darmstadt teilweise eine überraschend hohe Lärmsteigerung entstanden.

Kritik gibt es in dem Schreiben auch an der Methodik: So seien etwa Messel oder Egelsbach nicht mit Ausgangswerten erfasst worden. Ohne belastbare Ausgangsdaten sei jede Aussage über eine Verbesserung oder Entlastung methodisch nicht haltbar. Die Unterzeichner fordern ein Verfahren, bei dem die Optionen zu einer tatsächlichen Lärmreduzierung untersucht und zur Entscheidungsgrundlage gemacht werden.

In einer gemeinsamen Stellungnahme bekräftigen dies Claudia Lange, Ralf Möller, Dr. Thorsten Buhrmester, Mark Pullmann, Frank Haus und Norman Zimmermann: „Wir fordern letztlich nur Objektivität anhand einer datenbasierten Ausgangsgrundlage. Wir fordern diese Objektivität für alle betroffenen Menschen. Modellhafte Berechnungen werden der Situation nicht gerecht. Schon gar nicht, wenn jetzt schon festzustellen ist, dass das, was vorhergesagt wurde, nicht eintritt.“

„Das gemeinsame Ziel von Stadt und Landkreis ist ja, dass so wenige Menschen wie möglich belastet werden, obwohl wir wissen, dass es einen Flughafen ohne Fluglärm nicht gibt“, sagt der Erste Kreisbeigeordnete und Vize-Landrat Lutz Köhler. „Obwohl der Frankfurter Flughafen ein Wirtschaftsfaktor für das Rhein-Main-Gebiet ist, müssen wir bei allem, was Fluglärm angeht, Fakten sprechen lassen. Denn nur anhand von Fakten können die Menschen in Darmstadt und Darmstadt-Dieburg nachvollziehen, was geschieht und warum. Wir haben aber den Eindruck, dass noch längst nicht alle Fakten in die Betrachtung miteingeflossen sind. Wir wollen mit unserem Brief also nur auf eine faire Entscheidungsgrundlage pochen.“

Als Beispiel nennt Lutz Köhler seinen eigenen Wohnort Weiterstadt: „Wenn man Messergebnisse hat und es steht beispielsweise fest, dass es in Weiterstadt nicht leiser geworden ist, braucht es eine andere Berechnung zwischen Entlasteten und Belasteten. Und dann muss auch die Folge sein, dass man die Route anpasst.“ Und zwar so, ergänzt der Vize-Landrat, dass so wenige Menschen wie möglich belastet werden. „Deshalb wollen wir mit dem Brief erreichen, dass es eine umfassende Prüfung gibt, welche die tatsächliche Gesamtbelastung nachvollziehbar belegt."

tb

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