"Vom Herzen bin ich Portugiesin, zu Deutschland gehöre ich irgendwie auch"

Ana Pereira machte ihre Ausbildung bei Resopal in Groß-Umstadt

Ana Pereira verkörpert beinahe den Klassiker der Portugiesen im Landkreis: sie wohnt in Groß-Umstadt und arbeitet bei Resopal. Besser gesagt, macht sie da gerade ihre Ausbildung zur Industriekauffrau. Zunächst erhielt die 23-Jährige hier nach dem Fachabitur einen Platz für eine Einstiegsqualifizierung für Jugendliche, die ein halbes Jahr dauerte. Dann wurde ihr der Ausbildungsplatz angeboten. Auch ihr Vater arbeitet bei Resopal. Weil er hier eine Stelle annahm, ist die Familie überhaupt von Aschaffenburg, ihrer ersten Station in Deutschland, nach Groß-Umstadt gezogen. Bei Resopal gehört es zur Firmenpolitik, dass geeignete Familienangehörige von Beschäftigten eingestellt werden und auch Menschen mit Migrationshintergrund sind in dem Unternehmen besonders willkommen. 2005 erhielt Resopal den Preis „Together in Hessen“ für die erfolgreiche Integration von internationalen Mitarbeitern in Unternehmen.

In ihrer Freizeit spielt Ana Pereira Fußball in Ober-Kinzig. Dieser Sport hat sie schon als kleines Kind fasziniert. Am Wochenende kellnert sie in einem Café am Groß-Umstädter Marktplatz: „Das mache ich total gerne, weil ich dort alle Stammgäste kenne“.

Ana Pereira war sechs, als sie mit ihrer Familie nach Deutschland zog. Sie machte eine Vorklasse, ging dann in die Grundschule, auf die Realschule und dann aufs Gymnasium. Sie hat ziemlich schnell Deutsch gelernt. Geholfen hat ihr dabei eine Freundin, die auch Portugiesin ist, aber in Deutschland geboren wurde und perfekt deutsch spricht. Wenn es mal geklemmt hat, hat sie für Ana Pereira übersetzt. In der Grundschule ist sie von ihrer Lehrerin sehr unterstützt worden. „Ich hatte von der ersten bis zur dritten Klasse ein ganz liebe Lehrerin. Ich hatte einmal das Schienbein gebrochen, da kam sie jeden Nachmittag zu mir und hat mir nachgeholfen, das hat sie freiwillig gemacht“. Ana Pereira empfiehlt jedem, der neu nach Deutschland kommt, sich mit der deutschen Sprache zu beschäftigen. „Wenn man schlecht Deutsch spricht, wird man mit Abstand behandelt. Das ist sehr schade, weil einem die Möglichkeit genommen wird, sich zu beweisen und zu integrieren“, findet Ana Pereira.

Sie beherrscht auch die portugiesische Sprache in Wort und Schrift, das hat sie im Nachmittagsunterricht gelernt. Mit ihrer Freundin von damals wohnt sie heute zusammen: „Es kann schon mal vorkommen, dass wir Portugiesisch miteinander sprechen“. Auch mit ihren Eltern spricht sie Portugiesisch. Die Zweisprachigkeit ist auch in ihrem Job recht hilfreich. Sie erzählt, dass sie einmal auf einer Messe am Stand arbeitete und portugiesische Kunden Fragen hatten. Sie wurde von ihren Kollegen gebeten zu übersetzen. „Das habe ich natürlich gerne gemacht, das hat mir auch Spaß gemacht“, so Ana Pereira.

Obwohl Ana Pereira beinahe ihr ganzes Leben in Deutschland verbracht hat, hat sie noch nie darüber nachgedacht, die deutsche Staatsbürgerschaft zu beantragen. „Ich fliege sehr oft im Jahr nach Portugal. Ich habe dort meine ganze Familie und ich mag das Meer. Vom Herzen bin ich Portugiesin, vom Denken auch sehr oft. Zu Deutschland gehöre ich irgendwie auch“, beschreibt sie. Wenn sie in Portugal ist, spürt sie, dass sie anders denkt, als Frauen in ihrem Alter in Portugal. „Ich denke, erst kommt die Schule und die Ausbildung und das Leben sollte man in jungen Jahren genießen. In Portugal ist das so, dass die jungen Frauen ziemlich früh heiraten“, so ihre Beobachtung.

Ihre Ausbildung als Industriekauffrau hat sie im Januar 2011  abgeschlossen und ab Herbst 2011 orientiert sie sich neu. Es hat sich für Ana Pereira die Möglichkeit eröffnet, ihrem Traumberuf als Flugbegleiterin nachzugehen.